Wo einst die Berliner Bohème ihre Ideen schmiedete, plätschert heute in der Berliner City West ein sehr bekannter Brunnen. Das Romanische Café wurde im Zweiten Weltkrieg zerstört, doch seine Geschichte hallt bis heute nach.
© Foto Titelbild: Wikimedia Commons
Hier könnt Ihr den ersten Teil zum Romanischen Café lesen, hier den zweiten und hier den dritten.
Kein anderer Ort Berlins verkörperte das Berliner Geistesleben der 1920er-Jahre besser als das Romanische Café. Mit der Zerstörung des Hauses in der Nacht vom 23. auf den 24. August 1943 durch alliierte Bomber verschwand diese Tradition. Zwei Versuche, an diese anzuknüpfen, misslangen.
Zum einen befand sich in dem 1965 eröffneten Europa-Center an gleicher Stelle in den 1970er-Jahren ein neues Romanisches Café, und zum anderen war seit 2012 auf der Westseite der Kaiser-Wilhelm-Gedächtniskirche, in der Hardenbergstraße 28, ein Café, dessen Name ebenfalls an die Traditionen des ursprünglichen Romanischen Cafés anknüpfen sollte. Es gehörte zum neu errichteten Hotel Waldorf Astoria im Zoofenster, wobei dieses Konzept in der Zwischenzeit bereits mehrmals korrigiert wurde.
Romanisches Café in Berlins City West: Zerstörung im August 1943
Aus welchem Grund die Bomber gezielt den Häuserkomplex ins Visier nahmen, in dem sich im Erdgeschoss das Romanische Café befand, hängt eventuell mit dem an der Hausfassade angebrachten Schriftzug „Aluminium-Zentrale“ zusammen. Dieser gehörte der Firma H. C. Stark, die für die militärische Rüstung wichtige Fabriken zur Metallverarbeitung besaß.
In den Kriegsjahren waren dort Zwangsarbeiter beschäftigt. Die Geschäftsräume der Firma H. C. Stark befanden sich in den oberen Geschossen des Hauses.
Breitscheidiplatz: Das Romanische Café befand sich dort, wo heute der „Wasserklops“ steht
Aber das Romanische Café in seiner ursprünglichen Ausrichtung, so wie es der Mythos beschreibt, existierte bereits nicht mehr, als britische Bomber das Gebäude in Schutt und Asche legten. Die Trümmer des zerbombten Cafés wurden 1951 beseitigt, und fünf Jahre später wurde das Romanische Café aus dem Berliner Handelsregister gestrichen.
Übrigens lag der eigentliche Standort des Cafés dort, wo heute auf dem Breitscheidplatz der Weltkugelbrunnen plätschert, von den Berlinern auch „Wasserklops“ genannt; mittlerweile in Berlin ein ikonischer Treffpunkt, der in die Jahre gekommen ist.
Verblassender Mythos des einstigen Romanischen Cafés in der Berliner City West
Nach der Vertreibung der bis 1933 dort verkehrenden, vorwiegend deutschen Stammgäste war der Verfall des Mythos nicht mehr aufzuhalten. Im Gegenteil: Der Mythos des Romanischen Cafés zerbröselte schneller, als er ein Dutzend Jahre zuvor entstanden war.
Es kamen zwar nach wie vor manche ausländische Intellektuelle, wie Jean-Paul Sartre oder Samuel Beckett, die hierher pilgerten, um eventuell die vergangene Herrlichkeit zu spüren, doch wenn man ehrlich genug war, wusste man, dass die Existenz des eigentlichen Romanischen Café bereits vor der Zerstörung durch die britischen Bomber nicht mehr vorhanden war.
Nach 1933: „Fast jeden Abend kommt die SA ins Café.“
Der britische (Noch-) Wahlberliner Christopher Isherwodd beschrieb die Szenerie ab 1933 im Romanischen Café folgendermaßen: „Fast jeden Abend kommt die SA ins Café. Manchmal sammelt sie nur Geld; jeder wird genötigt, etwas zu geben. Manchmal kommt sie auch, um jemanden zu verhaften“.
Aussagen derjenigen, die das Romanische Café in seiner Blütezeit erlebten, gehen soweit, dass sie von der „wohl schönsten Kaffeehausterrasse Berlins“ schwärmten. Andere wiederum charakterisierten das Café als „…… die verkörperte Geschichte des zeitgenössischen Berliner Geisteslebens“. Unumstößlich ist in der Nachbetrachtung, dass das Romanische Café in einer relativ kurzen Zeitspanne mit seinem Mythos – weit über die Grenzen Berlins hinaus – sich als Wahrzeichen des modernen Berlins etablierte.
Das Romanische Café war immer wieder Schauplatz filmischer Inszenierungen
Bereits in den späten Jahren der Weimarer Republik, aber auch nach dem Zweiten Weltkrieg war das Romanische Café immer wieder Mittelpunkt für filmische Inszenierungen, Tonaufnahmen, Büchern, Revuen, Theateraufführungen und Ausstellungen.
Welche Auswirkungen die Machtergreifung der Nationalsozialisten mit der nunmehr herrschenden Gewalt, dem Terror und den Morden auf das Geschehen im Romanischen Café hatte, belegen drei Schicksale von Personen, die neben anderen unzähligen Künstlern nach 1933 Deutschland verließen.
Viele Intellektuelle kehrten Deutschland den Rücken – und kehrte niemals zurück
Da ist Erich Maria Remarque, der mit seinem Roman „Im Westen nichts Neues“ die Basis für den gleichlautenden Film über die Ereignisse im Ersten Weltkrieg legte. Auch Heinrich Mann, der mit seinem Roman „Der blaue Engel“ die Basis für den gleichnamigen Film mit Marlene Dietrich lieferte, emigrierte in die USA.
Alle drei kehrten Deutschland damals den Rücken und kehrten nicht mehr zurück. Allein die Schicksale dieser drei Künstler unterstreichen, welche Konsequenzen die Auslöschung dieses künstlerischen Geistes durch den Naziterror auf das Romanische Café und die Intellektuellen- und Künstlerszene hatte. Von diesem Aderlass hat sich Berlin nicht wieder erholt – bis heute nicht.
Hier könnt Ihr den ersten Teil zum Romanischen Café lesen, hier den zweiten und hier den dritten.
Quellen: Buch „Das Romanische Café im Berlin der 1920er Jahre“ (verlag für berlin-brandenburg), Wikipedia, Berliner Zeitung, Landesdenkmalamt Berlin
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