Nachdem die meisten öffentlichen Hürden für das riesige Wohnprojekt „Neulichterfelde“ am südlichen Stadtrand Berlins endlich genommen schienen, scheint nun die Groth Gruppe selbst ihren Verpflichtungen nicht nachkommen zu können. Fehlende Bürgschaften verzögern das Projekt weiter.

Bürgschaften in Höhe von 70 Millionen Euro fehlen: Wann kann der Baustart für das Projekt „Neulichterfelde“ endlich erfolgen? / © Visualisierung: Groth Gruppe
© Fotos: ENTWICKLUNGSSTADT BERLIN
© Visualisierungen: Groth Gruppe
Text: Wolfgang Leffler
Zuletzt hatten wir vor fast genau einem Jahr über das Bauvorhaben „Neulichterfelde“ berichtet. Damals war der hinter dem Projekt stehende Investor, die Groth Gruppe, von einem möglichen Baustart ab 2024 ausgegangen.
Das Immobilienunternehmen möchte am südlichen Berliner Stadtrand ein neues Quartier auf einer Fläche von 36 Hektar realisieren. Bei dem Bauvorhaben in Lichterfelde Süd sollen nach Angaben des Investors 540 Sozialwohnungen, 1.540 Miet- und Eigentumswohnungen und 420 Reihenhäuser entstehen. Also insgesamt rund 2.500 Wohneinheiten.
Lichterfelde Süd: 2.500 Wohnungen sollen entstehen
Außerdem sollen auf dem Gelände Flächen für Büros, Arztpraxen und Geschäfte zur Nahversorgung entstehen. Darüber hinaus sind drei Kindertagesstätten mit 260 Plätzen und eine dreizügige Grundschule samt Großsportfeld und Turnhalle geplant.
Sowohl die Wohnungen als auch die geplanten Bildungseinrichtungen und Sportstätten könnte der Berliner Südwesten gut gebrauchen. Das dafür vorgesehene Areal, westlich der Osdorfer Straße gelegen, macht heute einen ziemlich vernachlässigten, wenn nicht sogar verwilderten und teils auch vermüllten Eindruck.
Lichterfelde: Bislang tut sich auf dem geplanten Baugrund nichts
Von den ambitionierten Wohnungsbauplänen ist hier bislang überhaupt nichts zu erkennen. Nur zwei am Rand zur Osdorfer Straße hin angebrachte Markierungspunkte und mehrere am südlichen Ende des Baufeldes installierte neue Betonschwellen lassen erahnen, dass hier etwas passieren soll.
Obwohl die Zeit drängt – ursprünglich sollte das Bauvorhaben bis Ende der 2020er Jahre abgeschlossen werden – berichtete der Tagesspiegel kürzlich von fehlenden Bürgschaften auf Seiten der Groth Gruppe in Höhe von rund 70 Millionen Euro.
Baumfällungen müssen bis März 2024 genehmigt werden: Verzögerung droht
Daran hängt letztendlich alles, denn um zumindest mit bauvorbereitenden Maßnahmen beginnen zu können, wie etwa Baumfällungen, muss das Bezirksamt Steglitz-Zehlendorf zustimmen. Aber ohne eine finanzielle Absicherung gibt es keinen Beschluss zum Projektstart.
Da ab März ein halbjähriges Verbot für Baumfällungen gilt, muss die Beschlussvorlage des Bezirksamtes so schnell wie möglich auf den Tisch, sonst droht eine weitere halbjährige Verzögerung für das Projekt, welches sich in den vergangenen Jahren zeitlich immer weiter nach hinten verschoben hatte.
Erschließungsverträge für Infrastruktur des Quartiers liegen nicht vor
Das sind aber nicht die einzigen Steine, die noch aus dem Weg geräumt werden müssen. Auch die Erschließungsverträge für die neu zu gestaltende Infrastruktur liegen dem Bezirksamt noch nicht vor. Bevor diese jedoch nicht unter Dach und Fach sind, gibt es keine Freigabe für das sich anschließende Planverfahren.
Aufgrund der unterschiedlichen Sichtweisen im Bezirk, der fehlenden Bürgschaften und den Unklarheiten bei den Einzelverträgen ist die letzte Abstimmung des Stadtplanungsausschusses zum Bauvorhaben geplatzt.
Noch ist der Bebauungsplan für das Projekt nicht beschlossen
Auch der Bebauungsplan, der den Straßenbau, den Unterhalt der Grünflächen oder den Bau der Schule beinhaltet, kann somit ohne die dazu notwendigen Einzelverträge nicht beschlossen werden.
Die Zeit rennt also davon und es besteht dringender Handlungsbedarf seitens der Groth Gruppe als Investor, um das Projekt vertraglich und finanziell noch rechtzeitig an den Start zu bringen. Thomas Groth, Gründer und Inhaber der Groth-Gruppe, hatte sich bislang stets über die zu langsam arbeitende Berliner Verwaltung beschwert.
Thomas Groth hatte die Behäbigkeit der Berliner Verwaltung kritisiert
In einem Interview mit der Berliner Morgenpost sagte Groth im letzten Jahr: „Tatsächlich haben wir das ehemalige US-Militärgelände Parks Range in Lichterfelde-Süd schon 2012, also vor elf Jahren gekauft und mit den Planungen begonnen. (…) 2013 fanden dann die ersten öffentlichen Workshops statt. 2015 folgte der Aufstellungsbeschluss für den Bebauungsplan – der formale Startschuss für das Bebauungsplanverfahren.“
Damit war ein Baustart des Projekts aber noch lange nicht möglich, wie Groth weiter ausführte: „Dann hat es noch mal bis 2018 gedauert, bis wir den städtebaulichen Vertrag mit dem Bezirk unterschreiben konnten, in dem unter anderem geregelt ist, wie viele geförderte Wohnungen, wie viele Kitas und Schulplätze wir errichten sollen und auch bezahlen müssen.“ Ein Baustart erfolgte vor mittlerweile fast sechs Jahren aber noch immer nicht. Warum?
„Neulichterfelde“: Nun steht die Groth Gruppe selbst unter Zugzwang
Thomas Groth begründete dies so: „Da fehlte unter anderem noch die öffentliche Auslegung der Planungsunterlagen für die Bürgerbeteiligung, die fand dann im Sommer 2022 statt. Parallel dazu wurden noch mal erneut einige Träger öffentlicher Belange, die sogenannten TöBs, abgefragt. Es müssen ja insgesamt rund 50 Träger öffentlicher Belange angehört werden, dabei können schon so einige Jahre vergehen.“
Nachdem die meisten öffentlichen Hürden für das Projekt endlich genommen schienen, scheint nun die Groth Gruppe selbst ihren Verpflichtungen nicht nachkommen zu können. Jedenfalls führen die fehlenden Bürgschaften zu einer weiteren – dieses Mal unerwarteten – Verzögerung. Das letzte Wort scheint hier also längst noch nicht gesprochen.
Weitere Bilder zum Projekt findet Ihr hier:

Die Groth Gruppe will im Süden Berlins das Quartier „Neulichterfelde“ errichten. / © Visualisierung: Groth Gruppe

Bislang sieht der potenzielle Baugrund an der Osdorfer Straße in Lichterfelde-Süd noch so aus – in einigen Jahren sollen hier bis zu 2.500 Wohnungen stehen. / © Foto: ENTWICKLUNGSSTADT BERLIN
Weitere Projekte in Steglitz-Zehlendorf findet Ihr hier
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Quellen: Bezirksamt Steglitz-Zehlendorf, Groth Gruppe, Der Tagesspiegel, Architektur Urbanistik Berlin, Berliner Morgenpost
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