Vom Grauen Kloster in Berlin-Mitte steht heute nur noch eine Kirchenruine. Seit Jahrzehnten diskutieren Politik, Stiftungen und Vereine, wie das Gelände künftig genutzt werden soll. Die Ideen reichen von einer öffentlichen Parkanlage bis zum Neubau des „Berlinischen Gymnasiums zum Grauen Kloster“.

Vom einstigen Grauen Kloster in Berlin-Mitte ist heute nur noch die Ruine der Klosterkirche erhalten. Seit vielen Jahren wird darüber diskutiert, wie das Areal künftig gestaltet werden soll. / © Foto: ENTWICKLUNGSSTADT
© Visualisierung Titelbild: Stiftung Mitte Berlin
Zwischen Klosterstraße und Grunerstraße liegt heute eine begrünte Freifläche und eine etwas unscheinbare Ruine. Kaum etwas erinnert daran, dass hier eines der bedeutendsten mittelalterlichen Bauwerke Berlins stand: das Graue Kloster. Die Ruine der ehemaligen Franziskaner-Klosterkirche ist eines der wenigen gotischen Zeugnisse der Stadt und ein Ort, über dessen Zukunft in Berlin viel diskutiert wird.
Geschichte des Grauen Klosters: Von den Franziskanern erbaut, als Schule genutzt
Dem jetzigen Zustand des Baus geht eine bewegte Geschichte voraus. Errichtet wurden das Graue Kloster und die Klosterkirche wahrscheinlich im 14. Jahrhundert, nachdem die brandenburgischen Markgrafen Otto V. und Albrecht III. den Franziskanern das Grundstück nahe der Stadtmauer im Jahr 1271 schenkten.
Seinen Namen erhielt es durch die graue Kleidung der Ordensleute. Der gotische Backsteinbau, der ein großes Areal zwischen der heutigen Klosterstraße, Grunerstraße und Littenstraße umfasste, prägte das Stadtbild über Jahrhunderte.
Bereits 1539 endete das klösterliche Leben im Grauen Kloster
Infolge der Reformationsbewegung, die Berlin im Jahr 1539 erreichte, endete das klösterliche Leben im Grauen Kloster. Die Gebäude blieben jedoch bestehen und erhielten eine neue Funktion: 1574 entstand hier das „Berlinische Gymnasium zum Grauen Kloster“, eine der ältesten Schulen der Stadt.
Im Zweiten Weltkrieg wurde das Areal schwer getroffen und zu großen Teilen zerstört. Nur die Ruinen der Kirche, des Refektoriums und des Kapitelsaals blieben stehen. 1963 nahm das Gymnasium seinen Betrieb in Schmargendorf wieder auf. In Berlin-Mitte verschwanden die alten Klostergebäude nach und nach.
Zerstörung im Zweiten Weltkrieg und Diskussion um künftige Nutzung der Fläche
Als der Krieg vorbei war, wurden die Ruinen der Klosteranlage zwar zunächst gesichert. Beim Bau eines U-Bahn-Tunnels Anfang der 1950er-Jahre erlitt die Anlage aber zusätzliche Schäden, sodass weite Teile des Gebäudes abgetragen werden mussten. Die Verbreiterung der Grunerstraße im Jahr 1968 besiegelte den endgültigen Verlust der Klosterbauten. Nur die Ruine der Franziskaner-Kirche blieb als Mahnmal bestehen und ist heute eines der letzten gotischen Bauwerke Berlins.
In den Jahren 2013 und 2014 wurden auf dem Gelände archäologische Grabungen durchgeführt. Dabei kamen Fundamente des Kapitelsaals, Pfeilerreste des Kreuzgangs und mittelalterliche Bodenstrukturen zum Vorschein. Anschließend wurde im Rahmen eines wissenschaftlichen Kolloquiums erstmals umfassend über die Zukunft der Fläche diskutiert.
Vertreterinnen und Vertreter aus Denkmalpflege, Stadtentwicklung und Politik erörterten, wie das Areal künftig in die historische Stadtmitte integriert werden könnte. Die Ideen reichten von einem wissenschaftlichen Campus über eine künstlerische Nutzung bis hin zu einem Museum über das einstige franziskanische Wirken im mittelalterlichen Berlin, wie die Berliner Zeitung berichtete.
Zukunftsvisionen: Wird das „Berlinische Gymnasium zum Grauen Kloster“ neu gebaut?
Im Bebauungsplan von 2016 für den Bereich Molkenmarkt/Klosterviertel sah man neben der Kirchenruine eine öffentliche Parkanlage sowie zur Grunerstraße hin einen Schulneubau vor. Für einen Schulneubau des „Berlinischen Gymnasiums zum Grauen Kloster“ am alten Standort sprach sich auch der Förderverein des Evangelischen Gymnasiums zum Grauen Kloster aus.
Man wolle einen Ort schaffen, der zeitgemäß an die Tradition des humanistischen Gymnasiums anknüpft und gleichzeitig den Blick in die Zukunft richtet. Einen Ort, „der Altes und Neues verbindet“, heißt es in der Schulkonzeption des Fördervereins. Schwierigkeiten in der Umsetzung sah man nicht nur in finanziellen und politischen Hürden, wie der Tagesspiegel berichtete, sondern auch in der Frage, wem das alte Schulgelände überhaupt rechtmäßig gehört.
Rechtsstreit zwischen Land und Schul-Stiftung: Wem gehört das Areal des Grauen Klosters?
Darüber gab es in den vergangenen Jahren einen Rechtsstreit zwischen dem Land Berlin und der Stiftung Berlinisches Gymnasium zum Grauen Kloster, der im Juli 2025 durch einen Vergleich beendet wurde. 94 Prozent des insgesamt 6.500 Quadratmeter großen Areals verbleiben im Besitz des Landes, die Stiftung erhält zwei kleinere Flächen mit insgesamt 408 Quadratmetern sowie eine Ausgleichszahlung in Höhe von einer Million Euro.
Eine Anerkennung der Stiftung als Rechtsnachfolgerin ist damit allerdings nicht verbunden. Der Rückübertragungsfall löste öffentliche Kritik und eine Anzeige wegen Verdachts auf Veruntreuung öffentlichen Vermögens aus – bislang mit offenem Ausgang. Das Ziel der Stiftung sei es nun, an dem historischen Ort die Schulgeschichte zu präsentieren und den Ort kulturell zu beleben.
Stiftung Mitte Berlin fordert Wiederaufbau des Klosters nach altem Vorbild
Auch andere Initiativen setzen sich für eine Wiederbelebung des Areals ein. Die Stiftung Mitte Berlin schlägt beispielsweise einen Wiederaufbau des Klostergebäudes im Stadtgrundriss der 1920er-Jahre vor. Auch sie macht sich für eine Wiedererrichtung des „Berlinischen Gymnasiums zum Grauen Kloster“ am historischen Standort stark.
„Wir stellen uns den Standort Graues Kloster tags als Schule, nachmittags als Volkshochschule und abends als Ort für Theater, Konzerte und Tagungen vor“, sagt Dr. Benedikt Goebel, stellvertretender Vorsitzender der Stiftung. Das übergeordnete Ziel der Stiftung Mitte Berlin ist es, Berlin-Mitte wieder lebendiger zu gestalten, mit einem städtebaulichen Projekt, das an die historische Struktur anknüpft und gleichzeitig modernen Anforderungen gerecht wird.
Berliner Bevölkerung wünscht sich Aufwertung des Standorts und Pflege der Ruine
Neben den großen Bebauungsvisionen werden auch alltägliche Anliegen von Bürgerinnen und Bürgern laut. Denn trotz ihres denkmalgeschützten Status zeigt sich die Anlage in einem Zustand, den viele Berlinerinnen und Berliner als unzureichend empfinden.
Witterung, Vegetation und die freie Zugänglichkeit im Stadtraum setzen dem Ort zu. Kritische Stimmen fordern eine Aufwertung der Freifläche: bessere Wege, regelmäßige Pflege, informative Beschilderung. Auch die Ruine soll als Mahnmal gegen Krieg und Faschismus stärker geschützt und hervorgehoben werden. Zugleich besteht der Wunsch, den Ort als öffentlichen Raum mit gesteigerter Aufenthaltsqualität wiederzubeleben.
Ob das Graue Kloster künftig rekonstruiert, überbaut oder als Ruine erhalten bleibt, ist weiterhin offen. Klar ist jedoch, dass seine Zukunft von zahlreichen Faktoren abhängt; darunter rechtliche Rahmenbedingungen, Konsens über seine Nutzung sowie eine verlässliche Finanzierung. Entscheidend bleibt außerdem eine realistische, umsetzbare Vision im Einklang mit dem Denkmalschutz.

Die Ruinen nach der Zerstörung im Zweiten Weltkrieg. / © Foto: Bundesarchiv, Bild 183-12264-0012, CC-BY-SA 3.0
Graues Kloster Berlin
Quellen: Tagesspiegel, Stiftung Mitte Berlin, rbb, mein Berlin, Förderverein des Evangelischen Gymnasiums zum Grauen Kloster, Berliner Zeitung, Wikipedia
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