Im Berliner Südosten bahnt sich ein Konflikt zwischen Stadtentwicklung und Naturschutz an. Der Berliner Senat plant auf dem Gelände Späthsfelde ein neues Stadtquartier mit bis zu 4.000 Wohnungen. Doch der Bezirk Treptow-Köpenick und der BUND Berlin lehnen die Pläne entschieden ab und verweisen auf die ökologische Bedeutung der Fläche sowie auf fehlende Infrastruktur.

Das „Dreieck Späthsfelde“ verbindet Geschichte und Zukunft: Einst Standort der weltgrößten Baumschule, soll das Areal nun in ein Stadtquartier mit moderner Infrastruktur werden. / © Foto: Senatsverwaltung für Stadtentwicklung, Bauen und Wohnen
© Fotos & Visualisierungen: Senatsverwaltung für Stadtentwicklung, Bauen und Wohnen
Im Bezirk Treptow-Köpenick verdichten sich die Auseinandersetzungen um eines der größten geplanten Stadtentwicklungsprojekte im Berliner Südosten. Auf dem Areal Späthsfelde sollen nach den Vorstellungen des Berliner Senats bis zu 4.000 Wohnungen entstehen. Geplant ist ein neues Quartier mit Wohn-, Gewerbe- und Bildungsflächen auf einer Fläche von rund 100 Hektar.
Die Fläche liegt zwischen dem Stadtwäldchen Königsheide und der A 113 und ist heute geprägt von Kleingärten, Wiesen, Feldern, dem Arboretum und landwirtschaftlich genutzten Flächen der Späth’schen Baumschule. Ein Teil des Geländes gehört dem Land Berlin, andere Flächen sind im Besitz privater Eigentümer.
Komplexe Eigentumsverhältnisse erschweren die Entwicklung des Quartiers Späthsfelde
Die kleinteilige Eigentümerstruktur in Späthsfelde erschwert eine zügige Entwicklung des Areals erheblich. Während ein Teil der Flächen dem Land Berlin gehört, liegt ein weiterer großer Anteil in privater Hand, ergänzt durch zahlreiche kleinere Parzellen verschiedener Eigentümer. Dadurch müssen unterschiedliche Interessen zusammengeführt, Nutzungsrechte abgestimmt und Eigentumsfragen geklärt werden.
Hinzu kommt, dass Verhandlungen über Flächenankäufe oder Tauschgeschäfte oftmals langwierig verlaufen. Gerade bei Projekten dieser Größenordnung bedeutet das ein erhebliches Maß an Koordination, rechtlicher Abstimmung und politischer Vermittlung, bevor konkrete Bauvorhaben überhaupt umgesetzt werden können.
Bezirk Treptow-Köpenick und BUND lehnen Wohnungsbau in Späthsfelde ab
Am 7. Oktober hatte der BUND Berlin zu einer Informationsveranstaltung vor Ort geladen. Zahlreiche Anwohnende und Interessierte kamen, um sich über die Pläne zu informieren. Dabei wurde deutlich: Der BUND lehnt das Vorhaben klar ab. Die Fläche habe eine hohe ökologische Bedeutung und sei Teil eines sensiblen Landschaftsraums.
Auch der Bezirk Treptow-Köpenick positionierte sich überraschend deutlich gegen die Pläne des Senats. Bezirksstadträtin Claudia Leistner (Grüne) machte klar, dass der Bezirk keinen Wohnungsbau in Späthsfelde unterstützen werde. Stattdessen solle das Gebiet als potenzielle Ausgleichsfläche für Bauprojekte an anderer Stelle genutzt werden.
Fehlende Verkehrsanbindung und Schutz der Späth’schen Baumschulen als zentrale Kritikpunkte
Leistner verwies auf erhebliche infrastrukturelle Defizite. Die Späthstraße und Baumschulenstraße seien bereits heute stark belastet. Eine verkehrliche Anbindung, die dem Mobilitätsgesetz entspricht, sei bislang nicht erkennbar. Aus Sicht des Bezirks fehle ein überzeugendes Konzept, das Rad- und Fußverkehr berücksichtigt und das Gebiet entlastet.
Gleichzeitig hob die Stadträtin die historische und ökologische Bedeutung der Späth’schen Baumschulen hervor. Das Gelände sei ein „Wahrzeichen des Bezirks“ und müsse als solches geschützt werden. Der Bezirk sehe sich daher in der Verantwortung, das Areal als Freiraum zu sichern und nicht als Baufläche freizugeben.
BUND warnt vor Verlust wertvoller Stadtnatur und zusätzlicher Flächenversiegelung
Verena Fehlenberg, Referentin für Stadtnaturschutz beim BUND, begrüßte die klare Position des Bezirks. Mit der Bebauung ginge aus Sicht des Umweltverbands ein wertvolles Stück Stadtnatur verloren. Zudem würde die Versiegelung die Aufheizung der Stadt verstärken und angrenzende Naturräume wie die Königsheide zusätzlich belasten.
Das Grundwasser unter Späthsfelde nehme bereits heute ab, die umliegenden Grünräume litten unter Trockenheit, Schadstoffen und starkem Nutzungsdruck. Eine zusätzliche Bebauung würde diese Probleme weiter verschärfen.
BUND-Kampagne fordert besseren Schutz von Grünflächen als Hitzeschutz für Berlin
Der Widerstand gegen das Quartier steht in engem Zusammenhang mit der aktuellen Kampagne „Grüne Flächen retten – Hitzeschutz jetzt!“, die der BUND Mitte September vorgestellt hat. Ziel ist es, Parks, Wiesen, Kleingärten und Friedhöfe langfristig zu schützen und ihre Bedeutung für das Stadtklima stärker zu berücksichtigen.
Laut BUND starben zwischen 2022 und 2024 mehr als 600 Menschen in Berlin an den Folgen extremer Hitze. Grünflächen wirkten wie natürliche Klimaanlagen, die die Stadt in heißen Sommermonaten abkühlen. Ihre Versiegelung verschärfe dagegen die Klimafolgen.
BUND und Mieterverein fordern Wohnraumentwicklung auf bereits versiegelten Flächen
Die Kampagne betont, dass Wohnungsbau dringend notwendig ist, aber nicht auf Kosten der Stadtnatur erfolgen darf. Stattdessen soll bestehende Bausubstanz besser genutzt werden, etwa durch die Umnutzung leerstehender Gewerbeflächen, Aufstockungen und Sanierungen. Laut Naturschutzorganisationen ließen sich auf diese Weise in Berlin mehr als 1.000 Hektar bereits versiegelter Flächen aktivieren.
Auch Vertreterinnen des Berliner Mietervereins unterstützen diesen Ansatz. Neubau auf Grünflächen schaffe kaum bezahlbaren Wohnraum, während umgenutzte Bestandsflächen schneller und ressourcenschonender aktiviert werden könnten.
Senatsverwaltung stellt neue Pläne für Späthsfelde vor — Proteste angekündigt
Am 15. Oktober will die Senatsverwaltung überarbeitete Struktur- und Nutzungskonzepte für Späthsfelde vorstellen. Die Veranstaltung ist bereits ausgebucht, vorab sind Protestaktionen von Gartenfreunden und Umweltverbänden geplant. Der Druck auf die Politik wächst, sowohl von Seiten der Wohnraumbefürworter als auch der Naturschutzorganisationen.
Späthsfelde steht damit beispielhaft für einen der zentralen Konflikte der Berliner Stadtentwicklung: Wie lässt sich neuer Wohnraum schaffen, ohne die letzten großen Freiflächen der Stadt unwiederbringlich zu verlieren?
Quellen: BUND Berlin, Senatsverwaltung für Stadtentwicklung, Bauen und Wohnen, Bezirksamt Treptow-Köpenick, Wikipedia, Baumschule Späth, NABU, Berliner Mieterverein
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5 Kommentare
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Mann muss sich nicht wundern, wenn es in dieser Stadt nicht ausreichend Wohnraum gibt und die Preise immer weiter steigen. So eine Brache muss man sich leisten wollen….
Letzte große Freiflächen ist auch eher als Witz gemeint oder? Es gibt riesige Brachflächen, Forstflächen etc in Berlin. Denk mal nur an die Wuhlheide. Selbst der sogenannte „Innovationspark Berlin“ mit ausgewiesenen Gewerbeflächen dümpelt vor sich hin – nichts wird getan obwohl doch der Bedarf groß wäre. Unflexible, starre Bebauungspläne (nur Wohnen oder nur Gewerbe) fehlt es an der notwendigen Dynamik irgendetwas in dieser Stadt zu entwickeln…Das ist keine Entwicklungsstadt, es ist eine Stillstands-Stadt.
Der Protest ist völlig berechtigt und sinnvoll, weil so weniger Flächen versiegelt werden. Anstatt neue Flächen zu erschließen soll man wie erwähnt die vorhandenen Möglichkeiten nutzen, auch weil hier Infrastruktur fehlt. Am besten an den großen Plätzen mehr in die höhe bauen!
Wenn wir weiter mehr versiegeln wird dies auch zu mehr Problemen im Sommer führen wenn Luftmassen sich schlechter abkühlen, Ozonwerte länger erhöht sind oder es schlicht an schattigen Plätzen fehlt.
Zitat: „Die Kampagne betont, dass Wohnungsbau dringend notwendig ist, aber nicht auf Kosten der Stadtnatur erfolgen darf. Stattdessen soll bestehende Bausubstanz besser genutzt werden, etwa durch die Umnutzung leerstehender Gewerbeflächen, Aufstockungen und Sanierungen. Laut Naturschutzorganisationen ließen sich auf diese Weise in Berlin mehr als 1.000 Hektar bereits versiegelter Flächen aktivieren.“
Es handelt sich nicht um Brachflächen, sondern um Areale mit unterschiedlicher Nutzung, die noch nicht vollständig versiegelt sind und einen hohen Grünanteil haben. Solche Flächen sind unverzichtbar, damit unsere Städte zukunftsfähig bleiben. Bei Temperaturen von 30 bis 35 Grad – teilweise noch höher – wird ohne ausreichend Grün das Überleben für viele Menschen zunehmend gefährlich. Besonders, wenn wir älter werden, spüren wir die Hitze stärker: Der Körper kann sie nicht mehr gut regulieren, und viele sterben früher.
Wer glaubt, die bestehende Verkehrsinfrastruktur könne solche Flächen problemlos aufnehmen, sollte sich tagsüber entlang der Späthstraße umsehen: Überlastete Straßen, stockender Verkehr, Straßen, die gemieden werden, wo es geht.
Vergleicht man das mit Einhausgegenden wie Zehlendorf oder Steglitz, fällt auf: Auf kleiner Fläche leben dort weniger Menschen, und Infrastruktur wie Straßen, ÖPNV und medizinische Versorgung ist bereits gut ausgebaut. Gleichzeitig gibt es dort noch viel Potenzial für Nachverdichtung und zusätzlichen Wohnungsbau, ohne die Infrastruktur zu überlasten.
Stopp den Wohnungsbau !! Berlin ist Übervölkert !!!20 Prozent Arbeitslos, Rentner ohne Ende BVG überfüllt. Straßen nur Stau Berlin ist ein Parkplatz !
Eisenhüttenstadt, Leipzig, Benzbarraken alles leer .
Alternative heißt umsiedeln !