Landeseigene Wohnungsunternehmen sind heute Berlins wichtigste Partner für bezahlbaren Wohnraum. Nach Jahren der Privatisierung übernehmen sie wieder soziale Verantwortung. Der zweite Teil unserer Reihe „Sozialwohnungen in Berlin“ zeigt, wie sie entstanden sind – und welche zentrale Rolle sie heute für die Wohnraumversorgung und Stadtentwicklung spielen.

Rund 360.000 Wohnungen sichern heute die sechs landeseigenen Wohnungsunternehmen in Berlin – sie sind zu zentralen Akteuren für bezahlbaren Wohnraum geworden. / © Foto: pixabay, Geraldfriedrich2
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© Foto Titelbild: Wikimedia Commons, Gunnar Klack, CC BY-SA 4.0
Lange prägten Privatisierungen den Berliner Wohnungsmarkt. In den 1990er- und 2000er-Jahren verkaufte das Land aus Geldnot zehntausende Wohnungen – mit dramatischen Folgen. Bezahlbarer Wohnraum wurde knapper, die Mieten stiegen. Heute setzt Berlin wieder verstärkt auf kommunale Wohnungsunternehmen, die mit ihren Beständen die soziale Balance sichern.
Insgesamt sechs Gesellschaften sind es derzeit: DEGEWO, GESOBAU, Gewobag, HOWOGE, STADT UND LAND sowie WBM. Zusammen bewirtschaften sie rund 360.000 Wohnungen – fast jede fünfte Mietwohnung in der Hauptstadt.
Einst privatisiert, heute systemrelevant: Die neue Rolle der landeseigenen Gesellschaften
Der Rückzug des Staates begann nach der Wende. Während der Westen Berlins bereits seit den 1920er-Jahren über große kommunale Wohnungsbestände verfügte, wurden diese in den Nachwendejahren teils privatisiert. Besonders gravierend war der Ausverkauf in den 1990er- und 2000er-Jahren. Damals wurden Hunderte Millionen Euro durch Verkäufe an große Immobilienkonzerne eingenommen.
Doch schnell wurde klar: Der Markt allein kann die Wohnraumversorgung nicht sichern. Zwischen steigenden Bodenpreisen, Luxussanierungen und wachsender Nachfrage gerieten immer mehr Haushalte unter Druck. Inzwischen setzt Berlin wieder auf öffentliche Unternehmen – und baut den Bestand erneut auf.
Sechs Akteure, ein Ziel: Bezahlbares Wohnen für alle Berlinerinnen und Berliner
Die sechs landeseigenen Wohnungsunternehmen haben teils eine lange Geschichte. GESOBAU und DEGEWO etwa wurden bereits 1900 bzw. 1924 gegründet, um den Bau bezahlbarer Wohnungen für breite Bevölkerungsschichten zu fördern. HOWOGE, WBM und andere kamen nach der Wende hinzu oder wurden umgewandelt.
Heute arbeiten alle als eigenständige GmbHs oder Aktiengesellschaften. Ihre Eigentümerin ist das Land Berlin – und das verpflichtet. Ihr Auftrag lautet: sozial orientiertes, faires und bezahlbares Wohnen sichern.
Berlins Wohnungsunternehmen: Milliardenschwere Investitionen für Neubau und Bestand
Neben der Verwaltung ihrer Bestände treiben die Wohnungsunternehmen auch den Neubau voran. 2023 flossen rund 1,7 Milliarden Euro in Bau- und Modernisierungsprojekte. Im laufenden Jahr sollen die Investitionen erstmals über 2,3 Milliarden Euro steigen, wobei knapp zwei Drittel für neue Wohnungen vorgesehen sind..
Laut einer Studie ist der Bedarf enorm. Zwischen 2017 und 2023 sank die Zahl der Sozialwohnungen in Berlin und Brandenburg um über 46.000. Besonders Berlin verzeichnete starke Verluste. Um den wachsenden Bedarf zu decken, wären allein hier bis 2030 rund 236.000 Sozialwohnungen nötig. Auch im Umland steigt der Druck. Umso wichtiger ist die Rolle der landeseigenen Gesellschaften: Zwischen 2019 und 2023 schufen sie mehr als 23.000 neue Wohnungen.
Günstiger als der Markt: Landeseigene Wohnungen dämpfen die Mieten in Zeiten von Wohnungsnot
Ihre besondere Bedeutung zeigt sich auch bei den Mieten. Während die durchschnittlichen Angebotsmieten auf dem freien Markt zuletzt auf fast 14 Euro je Quadratmeter stiegen, lagen die Bestandsmieten der landeseigenen Gesellschaften 2023 bei lediglich 6,46 Euro.
Selbst bei Wiedervermietungen bleiben sie mit rund 7,65 Euro deutlich unter dem Marktniveau. Damit sind sie eine wichtige Stütze gegen Verdrängung und Gentrifizierung.
Rückkauf und Neubau: Wie die Landeseigenen Sozialwohnungen sichern und zurückholen
Die landeseigenen Wohnungsunternehmen tragen nicht nur zur Bereitstellung günstigen Wohnraums bei, sondern gewinnen auch verloren gegangene Sozialwohnungen für den öffentlichen Bestand zurück. Ein Beispiel ist der Rückkauf von Wohnungen an der Karl-Marx-Allee. Durch das Vorkaufsrecht und Zwischenerwerb durch kommunale Gesellschaften konnten Hunderte Wohnungen wieder in öffentliches Eigentum überführt werden.
Auch beim Neubau achten die Gesellschaften auf soziale Durchmischung. Mindestens 50 Prozent der neuen Wohnungen sind Sozialwohnungen, ein großer Teil der Wiedervermietungen geht an WBS-berechtigte Haushalte.
Klimaziele, Baukosten, Fachkräftemangel: Wohnungsbau in Berlin unter hohem Druck
Die Herausforderungen bleiben dennoch unvermindert groß. Hohe Baukosten, Fachkräftemangel und ambitionierte Klimaziele erfordern erhebliche Anstrengungen. Die landeseigenen Unternehmen reagieren darauf mit der Modernisierung ihrer Bestände, dem Bau klimagerechter Wohnungen und der Förderung von Partizipation durch Mieterbeiräte.
Sie tragen damit wesentlich dazu bei, den Wohnungsmarkt zu entlasten und bezahlbaren Wohnraum für breite Bevölkerungsschichten zu sichern.
Quellen: rbb, GESOBAU, DEGEWO, WBM, Stadt und Land, Howoge, Gewobag, inberlinwohnen, Tagesspiegel
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