Der Ausbau des Radwegs auf der Hermannstraße in Neukölln verzögert sich erneut, der dritte Bauabschnitt soll nun frühestens 2028 beginnen. Ursprünglich war der Start schon für 2026 vorgesehen. Die Verzögerung steht exemplarisch für die Schwierigkeiten, mit denen Berlin beim Ausbau seiner Radinfrastruktur kämpft.

Fahrradstraße in Berlin

Der Ausbau des dritten Abschnitts der Fahrradstraße auf der Hermannstraße verzögert sich, da die Straße zunächst saniert werden muss, um die Radspur technisch sicher anlegen zu können. / © Foto: ENTWICKLUNGSSTADT

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Die Planungen für den Radweg auf der Hermannstraße in Neukölln geraten weiter ins Stocken. Nachdem die ersten beiden Bauabschnitte zwischen Glasower Straße und Werbellinstraße bereits fertiggestellt sind, verschiebt sich der Start für den dritten Abschnitt bis zum Hermannplatz nun erneut. Ursprünglich sollte der Bau 2026 beginnen, nun rechnet die landeseigene Infrastrukturgesellschaft InfraVelo mit einem Start frühestens 2028, wie die Berliner Morgenpost berichtet.

Der Baustart steht allerdings noch unter Finanzierungsvorbehalt. Wie eine Sprecherin der InfraVelo erklärte, werde derzeit über die Kosten diskutiert. Neuköllns Verkehrsstadtrat Jochen Biedermann (Grüne) sprach gegenüber der Berliner Morgenpost von einem „kostspieligen Abschnitt“, da Ampelanlagen und Schaltungen angepasst werden müssten. Schon der bisherige Umbau habe rund 550.000 Euro gekostet.

Fahrbahnsanierung und Planungsprobleme verzögern Radweg an der Hermannstraße

Neben finanziellen Fragen verzögert auch der Zustand der Fahrbahn den Baubeginn. Vor dem Bau des neuen Radwegs müsse die gesamte Straße zwischen Flughafenstraße und Hermannplatz saniert werden, teilte InfraVelo mit. Die Maßnahme sei zwingend erforderlich, um die Radspur technisch sicher anlegen zu können.

Damit reiht sich das Projekt in eine Serie von Verschiebungen beim Ausbau der Radwege in Berlin ein. Lieferengpässe, Abstimmungen zwischen Senat, Bezirken und InfraVelo sowie Anwohnerbeteiligungen führen immer wieder zu Verzögerungen. Schon beim zweiten Bauabschnitt der Hermannstraße hatte es wegen verspäteter Materiallieferungen und planerischer Abstimmungen Verzögerungen gegeben.

Hohe Unfallzahlen unterstreichen Bedarf nach sicherem Radweg auf der Hermannstraße

Die Dringlichkeit des Projekts zeigt sich an den Unfallzahlen. Nach Angaben des Bezirksamts ereignen sich auf der Hermannstraße im Durchschnitt zwei Verkehrsunfälle pro Tag. Radfahrende gelten dort als besonders gefährdet. Künftig sollen Poller und Leitboys die Spur abtrennen und so mehr Sicherheit schaffen.

Dass derartige Schutzmaßnahmen Wirkung zeigen, zeigen Beispiele in anderen Stadtteilen: Auf der Hauptstraße in Schöneberg, am Tempelhofer Damm oder auf der Schönhauser Allee wurden bereits geschützte Radwege umgesetzt. Sie haben die Verkehrssicherheit spürbar verbessert, zumindest dort, wo sie tatsächlich fertiggestellt wurden.

Senatsbericht zeigt Fortschritte — doch viele Radfahrende fühlen sich weiter unsicher

Laut dem aktuellen Radwegebericht des Senats wurden 2024 immerhin 23,6 Kilometer neuer Radverkehrsanlagen fertiggestellt. Weitere 24 Kilometer befinden sich im Bau, knapp 85 Kilometer in der Planungsphase. Damit wächst das Netz zwar, doch der Fortschritt bleibt hinter den politischen Zielen zurück.

Besonders problematisch ist die Diskrepanz zwischen Planung und Umsetzung. Während Bezirke wie Schöneberg und Pankow teils zügig umgestalten, stocken andere Projekte über Jahre, wie an der Hermannstraße. Der ADFC kritisiert in seinem Fahrradklima-Test, dass sich 88 Prozent der Berliner Radfahrenden unsicher fühlen. Das zeigt, dass punktuelle Fortschritte nicht genügen, um das Vertrauen der Verkehrsteilnehmenden zurückzugewinnen.

Hermannstraße bleibt Problemfall: Start des Radwegbaus frühestens 2028 möglich

Trotz finanzieller Engpässe und Planungsstaus bleibt der politische Wille bestehen, den Radverkehr in Berlin zu stärken. Neue Projekte an der Torstraße oder Grunewaldstraße sollen zeigen, wie sichere Infrastruktur künftig aussehen kann. Doch der Fall Hermannstraße verdeutlicht: Der Weg zur fahrradfreundlichen Stadt ist weiterhin lang und von komplexen Abstimmungsprozessen geprägt.

Ob die Bauarbeiten 2028 tatsächlich beginnen, hängt von vielen Faktoren ab, von der Haushaltslage bis zur Genehmigung der Sanierung. Sicher ist nur: Für Radfahrende in Neukölln wird es noch Jahre dauern, bis die Hermannstraße wirklich sicher befahrbar ist.

Quellen: InfraVelo, ADFC, Bezirksamt Neukölln, Berliner Morgenpost

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