Auf einem unscheinbaren Parkplatz zwischen Friedrichshain und Prenzlauer Berg prallen Vision und Verwaltung aufeinander. Ein Investor und ein Architekt wollen hier ein Stück Stadt zurückgewinnen, doch der Weg dorthin ist lang. Der Bezirk Pankow sowie das Landesdenkmalamt sind gegen die Bebauungspläne, obwohl im Neubau auch Wohnungen entstehen könnten.

Zwischen Friedrichshain und Prenzlauer Berg liegt eine große, graue Fläche: der Parkplatz an der Eldenaer Straße. Seit Jahren wird darüber gestritten, ob hier ein neues Kapitel Berliner Stadtentwicklung beginnen darf, oder ob alles beim Alten bleibt. / © Foto: ENTWICKLUNGSSTADT
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Die Eldenaer Straße trennt die Bezirke Pankow und Friedrichshain-Kreuzberg, der Ortsteil Prenzlauer Berg trifft hier auf den Ortsteil Friedrichshain. In den vergangenen Jahren wurde viel über die Zukunft eines Grundstücks diskutiert, welches sich genau an dieser Nahtstelle befindet, ein Parkplatz, der derzeit von der Supermarktkette REWE genutzt wird.
Der israelische Investor ARGO Properties würde diesen Parkplatz gern bebauen, Architekt Christoph Langhof hat das entsprechende Architektur-Konzept dafür ausgearbeitet, zwei pyramidenförmige Häuser mit einer gemischten Nutzung könnten auf dem bislang vollständig versiegelten Grundstück entstehen.
Eldenaer Straße in Prenzlauer Berg: Um die Zukunft eines großen Parkplatzes wird seit Jahren diskutiert
Der Parkplatz liegt am südlichen Rand eines ganz besonderen, innerstädtischen Areals, mit einer speziellen Geschichte. Bereits seit dem 17. Jahrhundert wurde in Berlin unter oft schlechten hygienischen Bedingungen geschlachtet, bis Mitte des 19. Jahrhunderts erste zentrale Viehmärkte entstanden, die den Schlachtbetrieb aus den Wohngebieten herausverlagerten.
Auf Initiative von Rudolf Virchow wurde 1864 die Idee eines städtischen Zentralvieh- und Schlachthofs entwickelt, der schließlich 1881 in Pankow eröffnet wurde und schnell erweitert wurde. Im 20. Jahrhundert wurde die Anlage modernisiert, erhielt neue Kühlhäuser, Hallen und die bekannte Fußgängerbrücke „Langer Jammer“, ehe sie im Zweiten Weltkrieg teils zerstört und in der Nachkriegszeit wiederaufgebaut wurde.
Pankow: Das Areal liegt am südlichen Rand des einstigen Zentralvieh- und Schlachthofs
In der DDR zum Großbetrieb ausgebaut, wurde der Schlachthof nach 1990 schließlich stillgelegt, und auf dem Gelände entstanden schrittweise neue Wohn- und Gewerbebauten, während einige historische Gebäude erhalten blieben.
Einige dieser historischen Gebäude befinden sich in direktem Umfeld des Parkplatzes, einstige Hammelställe des ehemaligen Schlachthofs und eine Verwaltungsvilla. Der oben erwähnte REWE ist in einem dieser denkmalgeschützten Gebäude untergebracht.
Im Norden des Parkplatzes liegt der Blankensteinpark, südlich der Forckenbeckplatz
Der Parkplatz grenzt nördlich an den vielfrequentierten Blankensteinpark, auf dem auch Reste der historischen Viehauktionshalle stehen und einige Sport- und Freizeitplätze errichtet wurden. Südlich, auf der anderen Seite der Eldenaer Straße, liegt der Forckenbeckplatz, ein kleiner Stadtpark mit Spielplätzen, Wasserfontänen und mehreren Grünflächen.
Nordöstlich davon verläuft die Ringbahn, die Stationen Frankfurter Allee und Storkower Straße sind mit dem Fahrrad in wenigen Minuten erreichbar. In diesem Umfeld, welches vor allem auf Friedrichshainer Seite von einer dichten Wohnbebauung charakterisiert ist, wollen Langhof und ARGO Properties ihre zwei Gebäude errichten, die sowohl Wohn- als auch Gewerbeflächen bieten sollen.
August 2022: Projekt „Eldenaer 4 Zero“ wurde im Bezirk Pankow vorgestellt
Obwohl das Grundstück direkt an der Grenze zum Bezirk Friedrichshain-Kreuzberg liegt, ist der Bezirk Pankow für die Entwicklung des Areals zuständig, und der zeigt sich bislang wenig offen für den Vorstoß. Bereits Ende August 2022 stellten Langhof und der Investor das Projekt in der Bezirksverordnetenversammlung des Bezirks Pankow vor, wo das Projekt sehr kritisch betrachtet und von vielen Bezirkspolitikern erst einmal abgelehnt wurde.
Die damalige Baustadträtin Rona Tietje zeigte sich nach der Präsentation zwar “sehr beeindruckt”, wies aber auf “Hürden” hin, wie beispielsweise unzureichende Kapazitäten ihrer Ämter: “Welchen anderen B-Plan sollen wir dafür zurückstellen?”
Pyramidenhäuser an der Eldenaer Straße: Der Denkmalschutz stellte von Beginn an ein Problem dar
Eine weitere Hürde für das Projekt sah Tietje im Denkmalschutz, da sich im direkten Umfeld die oben erwähnten historischen Gebäude befänden, die zu dicht an einer möglichen Hochhausbebauung stünden.
Dass es sich bei diesem Projekt um kein gewöhnliches Bürobauvorhaben handelt, zeigt allein die Form der beiden Häuser. Aufgrund der ablehnenden Haltung im Bezirk Pankow hatten sich Architekt und Investor Unterstützung durch den Berliner Senat und die dortige Senatsverwaltung für Stadtentwicklung, Bauen und Wohnen erhofft – doch die blieb, zumindest bislang, aus.
Bauvorhaben in Prenzlauer Berg: Die Traufhöhe des Baubestands wird zu stark überschritten
Das Projekt wurde damals vor allem wegen der sprichwörtlich herausragenden Hochhausarchitektur kritisch gesehen. Denn die Traufhöhe des Baubestands ist in Berlin eine der wichtigsten, maßgeblichen Vorgaben für Neu- und Umbauprojekte.
Jedes Gebäude, welches über diese Traufhöhe hinaus gehen soll, muss dies explizit begründen. Vor allem in Stadtteilen mit einem hohen Anteil von Gründerzeit-Häusern, wie etwa in Prenzlauer Berg oder der Spandauer Vorstadt in Mitte, sind Hochhausprojekte daher nur äußerst schwer durchzusetzen.
Projekt „Eldenaer 4 Zero“: Architekt Christoph Langhof wagt einen neuen Vorstoß
Im Juli 2025 wagt Architekt Christoph Langhof, der zuletzt mit einem Vorschlag zur Umgestaltung des Hardenbergplatzes für Aufsehen sorgte, einen erneuten Vorstoß für das Projekt mit den sprichwörtlich herausragenden Pyramidenhäusern, die auf der heutigen Parkplatzfläche entstehen sollen.
So hat das Architekturbüro die bisherigen Pläne sowohl inhaltlich als auch baulich noch einmal deutlich überarbeitet. Das Nutzungskonzept sah eine gemischte Nutzung der Gebäude vor. Neben Büroflächen sollte auch Platz für Gastronomie, Kunst, Arztpraxen und Einzelhandel entstehen, auch eine Kita war geplant.
Denkmalschutz: Gutachten bestätigt Umsetzbarkeit des Vorhabens an der Eldenaer Straße
Zudem haben die Bauherren ein eigenes Denkmalschutzgutachten in Auftrag gegeben, welches von Architekturhistoriker Prof. Wolfgang Schäche und David Pessier (Architekt und Bauhistoriker) verfasst worden ist. Schäche und Pessier kommen in ihrem Gutachten zu folgendem Urteil: „Angesichts des vorliegenden Erkenntnisstandes und des differenziert herausgearbeiteten Zeugniswerts der Hammelställe, ist der Bau der Terrassenhochhäuser als uneingeschränkt denkmalverträglich zu betrachten.“
Eines der Argumente, die die Bauherren ebenfalls anführen, ist die Umsetzung des Projekts „DSTRCT.Berlin“ des Projektentwicklers HB Reavis, der nur wenige hundert Meter weiter ein Gewerbeprojekt an der Landsberger Allee realisiert hat, auf dem Gelände des ehemaligen städtischen Vieh- und Schlachthofs. Ergänzt wurden die historischen Hallen, die direkt an der Landsberger Allee stehen, durch einen zurückgesetzten Neubau, der direkt angrenzend errichtet wurde und die denkmalgeschützten Gebäude deutlich überragt.
Christoph Langhof sieht die Pyramidenhäuser als sinnvolle Ergänzung des historischen Baubestands
Architekt Christoph Langhof argumentiert, dass sein Entwurf den historischen Baubestand also nicht in den Schatten stellt, sondern sinnvoll ergänzen kann. Im ENTWICKLUNGSSTADT-Podcast „Metropole im Wandel“ sagte Langhof zuletzt zum Projekt: „Leider gibt es immer tausend Gründe, warum man dagegen sein kann. (…) Es wäre schön, wenn wir es bauen könnten. Erstens, da Wohnungen entstehen, wo es ja einen akuten Mangel gibt. Zweitens, weil wir das Projekt komplett begrünen können.“
Die Bezirkspolitik jedoch zeigt sich weiterhin sehr zurückhaltend, was das Projekt angeht. Langhof und ARGO bleiben derweil nicht müde, das Projekt in den unterschiedlichsten politischen Institutionen vorzustellen: Senatsverwaltung, Wirtschaftsverwaltung und BVV des Bezirks Pankow. Eine konkrete Perspektive des gibt es für das Projekt bislang allerdings nicht.
Quellen: Christoph Langhof, ARGO Properties, Eldenaer Investment GmbH, Berliner Morgenpost, Bezirksamt Pankow, Wikipedia, Architektur Urbanistik Berlin
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5 Kommentare
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Grundsätzlich schöne Wohnhochhäuser.. allerdings passen sie nicht in eine Gegend, die überwiegend von Gründerzeit Wohnhäusern geprägt ist. Einfügung ist ein Thema, das vielen Investoren und Architekten offensichtlich am Arsch vorbei geht.. Baut diese Wohngebäude in Gegenden, die durch Kriegszerstörung und Nachkriegsbarbarei eh schon gesichtlos bzw verunstaltet bzw heterogen sind… da könnten sich solche Wohnhochhäuser problemlos einfügen (beispielsweise die Gegend zwischen Europacenter und Urania/ Lützowplatz).
Man bekommt fast den Eindruck Entwicklungsstadt will unbedingt, dass diese an dem Ort völlig unpassenden Investorenträume verwirklicht werden. Der wievielte Artikel über diese Schnapsidee in den letzten Jahren ist das bereits? Habe den Überblick verloren. Was für Qualität diese Gebäude der Gegend bringen sollen ist mir völlig unklar. Aber da es sich um eine Hochhausidee von Christoph Langhof handelt, muss Entwicklungsstadt ja drüber berichten. Egal ob Hochhäuser auf dem Tempelhofer Feld, am Hardenbergplatz oder Westkreuz Langhof und Entwicklungsstadt sind ganz vorne dabei. Gute und passende Ideen für eine nachhaltige Stadtentwicklung sehen anders aus.
Sie überschätzen den Einfluss dieser Website etwas. Was spricht dagegen darüber zu berichten? In der sonstigen Presse hört man darüber nichts.
JA, sehe ich auch so. Die Website ist klasse und muss noch viel mehr unters Volk… Aber das kommt noch.
Das Projekt hätte sicherlich bessere Chancen, wenn es nicht so unglaublich hässlich und unpassend wäre.