Deutschlands Gewerbeimmobilienmarkt steht vor einem Wandel: Nachhaltigkeit, Flexibilität und urbane Qualität bestimmen, welche Gebäude heute gefragt sind. Ein Blick auf Berlin zeigt, wie innovative Projekte den neuen Standard setzen.

Mit dem Projekt „Berlin Decks“ entsteht am Friedrich-Krause-Ufer in Berlin-Moabit ein modernes Gewerbequartier, das historische und zeitgenössische Architektur vereint. Das Gelände, das seit über 100 Jahren industriell genutzt wird, wird von der BEOS AG für eine deutsche Investorengruppe entwickelt. / © Foto: BEOS AG
© Visualisierung Titelbild: Optima-Aegidius-Firmengruppe Nymphenburger Beteiligungs AG
Die deutschen Büromärkte stehen vor einem tiefgreifenden Strukturwandel. Nach Jahren des Wachstums hat sich das Marktumfeld infolge der Corona-Pandemie, wirtschaftlicher Unsicherheiten und veränderter Arbeitsmodelle spürbar verändert. Im dritten Quartal 2025 wurden in den sieben größten deutschen Metropolen – Berlin, Düsseldorf, Frankfurt, Hamburg, Köln, München und Stuttgart – rund 613.000 Quadratmeter Bürofläche umgesetzt.
Das kumulierte Jahresergebnis von etwa zwei Millionen Quadratmetern liegt zwar leicht über dem Vorjahreswert, bleibt aber deutlich unter den langjährigen Durchschnittszahlen. Gleichzeitig steigen die Leerstände kontinuierlich: In den „Big 7“ stehen aktuell rund 7,8 Millionen Quadratmeter Bürofläche leer, die durchschnittliche Leerstandsquote beträgt 7,9 Prozent.
Gewerbeimmobilien in Berlin: Leerstandsquote steigt, Spitzenmieten bleiben hoch
Auch in der Hauptstadt ist die Entwicklung ambivalent. In den ersten neun Monaten 2025 wurden 355.100 Quadratmeter Bürofläche vermietet, rund 20 Prozent weniger als im Vorjahr. Gleichzeitig erhöhte sich die Leerstandsquote auf 8,2 Prozent, während die Spitzenmieten mit 46,50 Euro pro Quadratmeter und Monat ein neues Rekordniveau erreichten.
Der Trend zeigt: Gefragt sind primär Lagen und Gebäude, die funktional, nachhaltig und flexibel nutzbar sind. Standardisierte Büroflächen ohne ESG- oder New-Work-Konzept geraten zunehmend ins Hintertreffen.
Nachhaltigkeit und Flexibilität als Schlüsselqualitäten für Gewerbe-Neubauten
Unternehmen achten heute stärker auf Energieeffizienz, Aufenthaltsqualität und die Möglichkeit hybrider Nutzung. Büros werden zu Orten der Identifikation, nicht mehr nur zu Arbeitsstätten. Flächen, die Raum für Kommunikation, Konzentration und Kreativität bieten, gelten als entscheidender Wettbewerbsvorteil im Kampf um Fachkräfte.
Laut einer Erhebung von BNP Paribas Real Estate gewinnen vor allem Green Buildings mit Zertifizierungen wie DGNB, LEED oder WELL an Bedeutung, und das nicht nur in den Top-Lagen. Nachhaltigkeit ist längst kein Nischenthema mehr, sondern ein marktrelevantes Qualitätskriterium.
Hauptstadtregion: Zentrale Lagen ziehen weiterhin, Randlagen kämpfen mit Leerstand
Während innerstädtische Quartiere wie Berlin-Mitte, die City West oder der Mediaspree-Korridor stabile Nachfrage verzeichnen, sind es vor allem periphere Standorte und ältere Bestandsobjekte, die unter steigendem Leerstand leiden.
Unternehmen investieren zunehmend lieber in moderne, zukunftssichere Immobilien mit klarer ESG-Strategie, auch wenn die Mieten dort höher liegen. So zeigt sich: Der Preis ist nicht das Hauptargument – Nachhaltigkeit, Standortqualität und Nutzererlebnis sind die zentralen Kriterien für Investitionsentscheidungen.
Innovative Projekte zeigen, wie die Zukunft von Gewerbeimmobilien funktionieren kann
Neue Berliner Gewerbeprojekte wie „SELLERSIEBZEHN“ in Berlin-Mitte, „INK“ an der Grenzallee in Neukölln oder das „HAINWERK“ in Friedrichshain verdeutlichen, wie moderne Architektur, Energieeffizienz und Aufenthaltsqualität zusammenwirken können.
Diese Projekte schaffen flexible Bürostrukturen mit viel Tageslicht, begrünten Außenbereichen und nachhaltiger Bauweise; ein mittlerweile häufig angewandter Ansatz, der ökologische Verantwortung mit ökonomischem Nutzen verbindet.
Best Practice: Nachhaltige Transformation am Potsdamer Platz
Ein besonders anschauliches Beispiel liefert derzeit das „Center am Potsdamer Platz“ (ehemals SONY Center), das nach umfassender Modernisierung zu einem der grünsten innerstädtischen Gewerbequartiere Berlins avanciert ist. Das Projekt setzt auf Klimaneutralität, Recycling-Materialien und Biodiversität im Stadtraum.
Solche Sanierungen zeigen, dass auch Bestandsimmobilien mit gezielten Investitionen fit für die Zukunft gemacht werden können – ein zunehmend relevanter Ansatz angesichts knapper Flächen und steigender Baukosten.
Quartiere statt Solitäre: Ganzheitliche Gewerbekonzepte sind gefragt
Während der reine Büroturm an Attraktivität verliert, entstehen in Berlin zunehmend integrierte Gewerbequartiere. Beispiele wie „NLND“ in Neukölln, der Gewerbecampus „Berlin Decks“ in Moabit oder das Projekt „Funkytown“ in Oberschöneweide zeigen, wie moderne Arbeitsorte mit Gastronomie, Mobilität, Grünflächen und öffentlicher Zugänglichkeit verknüpft werden.
Diese Entwicklungen schaffen neue urbane Ökosysteme, in denen Arbeit, Freizeit und Nachhaltigkeit miteinander verschmelzen; eine Antwort auf die veränderten Bedürfnisse von Unternehmen und Beschäftigten.
Mit dem Projekt „Port One“ am Nordhafen in Moabit haben Nöfer Architekten ein Gebäude geschaffen, das klassische Formsprache mit moderner Gebäudetechnik kombiniert. Eine energieeffiziente Fassade, flexible Grundrisse und emissionsarme Baustoffe machen den Neubau zu einem Beispiel für nachhaltige Premiumarchitektur. Solche Projekte belegen, dass Ästhetik und Nachhaltigkeit kein Widerspruch sein müssen, im Gegenteil: Sie können, wenn gut umgesetzt, den Kern zukunftsfähiger Stadtentwicklung bilden.
New Work braucht New Building: Moderne Räume für Begegnung
Die „Büros der Zukunft“ sind keine Orte des reinen Arbeitens mehr, sondern soziale Plattformen. Flexible Raumprogramme, Rückzugszonen, Community-Flächen und digitale Infrastruktur werden zur Voraussetzung, um Mitarbeitende wieder ins Büro zu holen. Unternehmen investieren daher in Gebäude, die Gesundheit, Licht, Akustik und Klima berücksichtigen: zentrale Kriterien also, die in Standards wie dem „WELL Building Standard“ abgebildet werden.
Der Gewerbeimmobilienmarkt befindet sich in einer Phase der Selektion. Quantität verliert an Bedeutung, Qualität gewinnt. Unternehmen und Investoren richten ihren Blick auf nachhaltige, flexible und identitätsstiftende Gebäude in urbanen Lagen.
Viele innovative Projekte in der Hauptstadtregion zeigen, dass Berlin derzeit auf dem besten Weg ist, ein Labor für die Zukunft der Arbeit zu werden, mit Immobilien, die mehr sind als bloße Arbeitsorte: Sie sind Teil einer neuen urbanen Kultur.

Vom Symbol der steinernen Nachwende-Architektur zum grünen Vorzeigeprojekt? Der Potsdamer Platz zeigt, wie Stadtumbau im Zeichen des Klimas funktionieren kann. Begrünung, Entsiegelung und neue Nutzungsideen verändern das Gesicht des Quartiers. / © Foto: ENTWICKLUNGSSTADT
Quellen: Optima-Aegidius-Firmengruppe Nymphenburger Beteiligungs AG, HAMBURG TEAM, Grüntuch Ernst Architekten, gfb alvarez & associates gmbh, PORR, sellersiebzehn, Heide & von Beckerath, Immobilien Aktuell, Oxford Properties, Architektur Urbanistik Berlin, BEOS AG, Berlin Decks, Berliner Immobilienmanagement GmbH, Berliner Woche, Deutsche Film- und Fernsehakademie Berlin GmbH, Immobilien Zeitung, Konii, CMF Capital, BEOS AG, RKW Architektur +, BNP Paribas Real Estate, Nöfer Architekten
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2 Kommentare
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„..emissionsarme Baustoffe..“
So wie Hanf? Siehe auch Zement Alternativen https://www.ube.ac.uk/whats-happening/articles/concrete-alternatives
„..auf dem besten Weg ist, ein Labor für die Zukunft der Arbeit zu werden..“
Mit Planung und Umsetzung muß man auch im Blick behalten dies in einer Zeit zu schaffen die mit dem Wandel Schritt hält.
Diesen Monat hat DW einen Artikel dazu veröffentlicht, der u.a. erwähnt
Fensterwärmepumpen
Energiesparende Designs
Energie zu 100 % mit erneuerbaren
Selbst angebauten Lebensmittel
Entsiegelte Grünflächen
Kostenloser Nahverkehr
Regenwasser sammeln
Maßnahmen zur Abwasservermeidung
Wenn Berlin in den nächsten 25 Jahre eine klimaneutrale Stadt wird, könnte das Leben ganz anders sein. Ein Zukunftsszenario am Beispiel einer jungen Berlinerin. https://www.dw.com/de/zukunft-stadtplanung-wie-werden-wir-leben-transport-nahrung-stadtentwicklung/a-74137152