Der Gasometer Schöneberg hat eine beeindruckende Transformation erlebt: vom stillgelegten Gasbehälter zum modernen Büro- und Veranstaltungsgebäude. Das denkmalgeschützte Wahrzeichen steht heute für nachhaltige Stadtentwicklung und für die Frage, wie viel Wandel ein Denkmal verträgt.

Luftaufnahme vom neuen Gasometer in Schöneberg mit EUREF-Logo

Seit über einem Jahrhundert prägt die Silhouette des Gasometer in Schöneberg das Stadtbild. / © Foto: Marco Döpke

© Foto Titelbild: Christian Kruppa

 

Der 78 Meter hohe Gasometer in Schöneberg prägt mit seinem markanten Stahlzylinder seit über einem Jahrhundert das Panorama des Bezirks. In seiner ursprünglichen Funktion war er ein Gasbehälter, während der Deindustrialisierung verfiel er zu einem verlassenen Denkmal.

Jahrzehntelang stand der Gasometer leer, bis Pläne für einen Umbau ins Gespräch kamen und nicht nur Begeisterung, sondern auch Kontroversen auslösten. Heute wird das Schöneberger Industriedenkmal als modernes Büro-, Konferenz- und Veranstaltungsgebäude genutzt. Er ist Teil des EUREF-Campus, einem innovativen und klimaneutralen Modellquartier, zwischen den Ringbahnhöfen Südkreuz und Schöneberg gelegen.

Gasometer Schöneberg: Von einem der größten Gasbehälter Europas zum Industriedenkmal

Errichtet wurde der Schöneberger Gasometer zwischen 1908 und 1910, drei Jahre später nahm er seinen Betrieb auf. Mit seinem Volumen von rund 160.000 Kubikmetern gehörte er zu den größten Gasbehältern Europas. Ursprünglich diente er zur Speicherung und Verteilung von Stadtgas für Haushalte und Betriebe.

Mit der Deindustrialisierung und der Umstellung auf Erdgas verlor der Gasometer seine ursprüngliche Funktion. 1994 wurde er unter Denkmalschutz gestellt, 1995 stillgelegt. In den kommenden Jahrzehnten verfiel er zunehmend.

Pläne für den Umbau: Der Gasometer als Symbol für nachhaltige Stadtentwicklung

2007 begann die Transformation des Geländes: Die EUREF AG übernahm das Areal mit dem Ziel, einen Campus für Energie, Mobilität und Digitalisierung zu entwickeln. Der Gasometer sollte zum Symbol für nachhaltige Stadtentwicklung werden. Dazu war geplant, sein Inneres zu einem Büroturm auszubauen – mit einer öffentlich zugänglichen Terrasse auf dem Dach und einer Veranstaltungshalle im Erdgeschoss.

Auf der einen Seite gab es Lob für den Plan, in Schöneberg einen innovativen Wirtschaftsstandort für die Energie- und Mobilitätswende zu schaffen. Auf der anderen Seite stießen die Pläne auch auf Widerstand. Zentraler Kritikpunkt waren die massiven baulichen Eingriffe in das denkmalgeschützte Bauwerk.

Kritik am Umbau: Eingriff in die historische Struktur des Denkmals

Nachdem der Ausbau im Jahr 2021 gestartet war, kam erneut Kritik vonseiten des Bundes für Umwelt- und Naturschutz (BUND) und dem Verein Denk mal an Berlin e. V. auf. Die Parteien legten Widerspruch gegen den Ausbau des Gasometers ein. Die Kritik richtete sich insbesondere gegen den geplanten Büroturm, der bis knapp unter den obersten Ring der Stahlkonstruktion gebaut werden sollte.

Sowohl Denkmalschutzbehörden als auch Anwohnende empfanden diesen Eingriff als zu massiv. Da das Projekt bereits im Juni 2021 vom Bezirk Bezirk Tempelhof‑Schöneberg als zulässig erklärt wurde, kam es trotz der Einwendungen nicht zu einem Stopp des Umbaus.

Innovativ und nachhaltig: 2024 wurde der Gasometer als moderner Büroturm wiedereröffnet

2024 wurde der Gasometer schließlich wiedereröffnet, respektive einer völlig neuen Nutzung zugeführt. Nun bietet das Gebäude auf circa 28.000 Quadratmeter Bürofläche rund 2.000 Arbeitsplätze, Konferenzräume und Veranstaltungsflächen. Ein Highlight ist die Sky Lounge in 66 Metern Höhe mit Panoramablick über Berlin. Sie ist für öffentliche Veranstaltungen, Firmenmeetings und besondere Events nutzbar. Die Büroflächen sind seit 2024 an die Deutsche Bahn vermietet.

Mit dem Umbau setzte man auf modernste Energieeffizienz: Das Gebäude ist zertifiziert als KfW-Effizienzhaus 55, es gibt eine zentrale Wärme- und Kälteversorgung, außerdem wurden regenerative Energien integriert. Der Gasometer demonstriert, wie historische Bausubstanz und moderne Technik harmonisch kombiniert werden können. Ein Denkmal, das nicht nur erinnert, sondern aktiv die Zukunft mitgestaltet.

EUREF-Campus in Schöneberg: Think Tank für die Innovationsszene

Das Gelände des Gasometers dient heute nicht nur als Bürofläche, sondern mit dem EUREF-Campus auch als Treffpunkt und Think Tank für die Innovationsszene Berlins. Auf dem EUREF-Campus werden Mobilitätslösungen, Energieprojekte und digitale Innovationen erprobt.

Der Gasometer Schöneberg verkörpert den städtischen Wandel, der auf dem historischen Gelände vollzogen wurde. Sein Umbau zeigt, dass sich kreative Stadtentwicklung und Denkmalschutz nicht ausschließen müssen, sondern dass moderne Nutzungskonzepte auch in historischer Hülle funktionieren können.

EUREF-Campus mit Bürogebäuden und Gasometer

© Foto: Christian Kruppa

Innenbereich der Sky-Bar im Gasometer Schöneberg

© Foto: Christian Kruppa

Forum des Gasometer Schöneberg mit Veranstaltungstechnik und Bestuhlung

© Foto: Christian Kruppa

Quellen: EUREF AG, Bezirksamt Tempelhof-Schöneberg, Monopol Magazin, Berliner Morgenpost, taz, Wikipedia

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6 Kommentare

  1. Marcel S. 23. Oktober 2025 at 01:57 - Reply

    Ich werde mit dem Ding nie warm. Dieses alberne denkmalschützte Gerippe, dadurch sieht das Gebäude immer aus wie eine Baustelle. Warum muss man sowas denkmalschützen. Man hätte einfach ein neues Gebäude errichten können mit der Form des alten Gasometers.

    • A.Tirpitz 23. Oktober 2025 at 08:49 - Reply

      Kurze Nachdenkaufgabe über Motivation und Leidenschaft: Warum restaurieren Leute Oldtimer, Gebäude, Flugzeuge oder sonstwas, wenn nur noch 10% und weniger, wie gerade mal die Rahmen-oder Fahrzeugnummer, als verwertbarer Rest vorhanden sind?

      • Marcel S. 23. Oktober 2025 at 12:25 - Reply

        Und was hat das ganze mit Restauration zu tun? Restauration bedeutet einen ursprünglichen Zustand wieder originalgetreu herzustellen. Das ist aber hier gar nicht das Thema. Man hat einen neuen Glaszyliner in ein bestehendes Gerüst hinein gebaut. Das kann man vielleicht noch gerade so als kritische Rekonstruktion durchgehen lassen. Restauration aber wäre zB. der Wiederaufbau der Dresdener Frauenkirche.
        Das Problem hier ist an sich nicht dass man alte Bestandteile mit neuen ergänzt hat, sondern dass es nicht gut gelungen ist. Der Zusammenhang ist für einen Außenstehenden, der nicht weiß, dass es sich um das Gerüst eines ehemaligen Gastanks handelt einfach nicht offensichtlich. Man sieht hier nur ein relativ unschönes Gebäude aus Stahl und Glas, nicht das ich grundsätzlich was gegen Stahl und Glas hätte, das einfach nur unfertig wirkt. Man weiß nicht was es ist, ist es ein Industrieobjekt oder ein Gebäude was noch nicht fertig ist, ist es ein Gebäude das gerade saniert wird. Der alte Zustand mit der Veranstaltungshalle war deutlich klarer als altes Industrie- oder Technikobjekt zu lesen. Alternativ wäre mir persönlich ein kompletter, schöner zeitgenössischer Neubau der nur die Form und Dimension des Gasometers übernimmt, lieber gewesen. Was man jetzt hat ist ein fauler Kompromiss.

  2. A.Tirpitz 23. Oktober 2025 at 08:57 - Reply

    Das Teil und das ehemalige Narva-Gebäude mit dem Glaswürfel oben drauf sind für mich absolut gelungene Transformationen und mit unverkennbarem Wiedererkennungswert. Siehst du die in einem Film oder Reportage, weißt du sofort, das ist Berlin.
    Lass 80% Architekturmüll in der Stadt sein, aber ich kann mich dann trotzdem immer noch an den anderen 20% erfreuen.
    Der Narva-Würfel z.B. hat nichts aber auch gar nichts nach all den Jahren verloren oder etwa etwas Peinliches hinzugewonnen. Ist mittlerweile wie ein alter Bekannter während der täglichen Vorbeifahrt…Und so wird es mit dem Gasometer auch kommen.

    • Marcel S. 23. Oktober 2025 at 12:44 - Reply

      Wenn ich die Platten in Marzahn oder die Baustelle des Steglitzer Kreisels in einer Reportage sehe, weiß ich auch sofort dass es Berlin ist. Es ist nichts besonderes seine Heimatstadt zu erkennen. Ein hoher Wiedererkennungswert hat auch nichts mit der Qualität des Gebäudes zu tun.
      Im Falle vom Narvawürfel ist die Transformation gut gelungen, man erkennt sofort dass man einen Glaswürfel auf ein historisches Gebäude gestellt hat, das ist ganz klar und offensichtlich, egal ob man das Gebäude vorher kannte oder es zum ersten mal sieht. Beim Gasometer ist es genau das Gegenteil, man weiß nicht was das ist. Nur wenn man es vorher kannte weiß man es. Wenn die Idee und der Sinn eine Sache nicht selbsterklärend ist, dann ist es Murks.

  3. Martin 23. Oktober 2025 at 15:57 - Reply

    Das einzige was hier nervt ist dass bei der Planung versprochen wurde dass der Neubau im Gasometer zugänglich wird und der Öffentlichkeit etwas bieten wird. Ein fairer trade off gegen das zutaten dwr kompletten Sicht im Schöneberger kiez. Es stellt sich heraus dass hier wie oft gelogen wurde und man aktiv versucht Menschen aus dem Gelände raus zu halten.

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