Der Holzbau gilt als einer der zentralen Hebel für eine klimafreundliche Bauwende in Deutschland: ökologisch, effizient und wandelbar. Doch trotz vieler Vorteile stehen dem Baustoff auch Herausforderungen wie Ressourcenknappheit, baurechtliche Hürden und Vorurteile gegenüber.

Attraktiver Wohnraum durch den Einsatz nachhaltiger Baustoffe: Holzbau, Energieeffizienz und soziale Vielfalt machen das Quartier WIR zu einem Modell für zukunftsfähige Stadtentwicklung. / © Foto: Andrea Kroth

© Visualisierung Titelbild: Tchoban Voss Architekten

 

Der Holzbau erlebt in Deutschland seit einigen Jahren einen bemerkenswerten Aufschwung. Längst ist Holz nicht mehr nur ein Baustoff für Einfamilienhäuser auf dem Land, sondern wird zunehmend auch für mehrgeschossige Wohn- und Gewerbebauten in urbanen Zentren eingesetzt. Architekten, Entwickler und Kommunen sehen in Holz ein zentrales Element einer klimagerechten Bauwende. Doch neben den ökologischen Vorteilen gibt es auch Herausforderungen, die einen breiten Diskurs erforderlich machen.

Klimawandel und Bauwende: Holz als strategischer Baustoff

Die Bau- und Immobilienbranche steht angesichts des Klimawandels unter großem Transformationsdruck. Der Gebäudesektor verursacht rund 30 Prozent der CO₂-Emissionen in Deutschland. Hier setzt der verstärkte Einsatz von Holz an: Als nachwachsender Rohstoff bindet Holz während seines Wachstums CO₂, das auch im verbauten Zustand gespeichert bleibt. Damit kann der Baustoff einen entscheidenden Beitrag zur Reduktion von Emissionen leisten.

Laut Experten trägt Holz zudem zu einer Verringerung des Primärenergiebedarfs bei, da bei seiner Herstellung deutlich weniger Energie verbraucht wird als bei Stahl oder Beton. Damit gilt es als „Klimaspeicher“ und zentraler Hebel für eine CO₂-arme Bauwirtschaft. Architekten und Planer betrachten Holzbau zunehmend nicht mehr als Nischenlösung, sondern als strategische Option für zukunftsfähiges Bauen.

Innovation und Effizienz: Holzbau wird zum industriellen Produkt

Technologische Fortschritte haben den Holzbau in den vergangenen Jahren stark verändert. Moderne Fertigungsmethoden wie modulare Vorfertigung und CNC-gesteuerte Produktion ermöglichen präzise, schnelle und kosteneffiziente Bauprozesse. Gebäude können heute in kürzerer Zeit errichtet werden, während Lärm- und Staubemissionen auf der Baustelle sinken.

Holzhybridkonstruktionen – bei denen Holz mit anderen Materialien wie Stahl oder Beton kombiniert wird – erweitern zudem die statischen Möglichkeiten. Sie machen den Baustoff für Hochhäuser und komplexe Tragwerke nutzbar, die früher ausschließlich in Massivbauweise umgesetzt wurden. Beispiele wie das mehrgeschossige Bauen mit Brettsperrholz zeigen, dass Holz längst auch im urbanen Maßstab angekommen ist.

Urbaner Holzbau: Deutsche und europäische Stadtentwicklung im Wandel

Insbesondere in Städten wächst das Interesse am Holzbau. Kommunen und Projektentwickler erkennen das Potenzial, durch den Einsatz von Holz klimaneutrale Quartiere zu entwickeln. Dabei geht es nicht nur um die CO₂-Bilanz, sondern auch um die Aufenthaltsqualität: Holz schafft warme, haptisch angenehme Räume und kann durch seine bauphysikalischen Eigenschaften zur Verbesserung des Raumklimas beitragen.

Der Holzbau fügt sich darüber hinaus gut in Konzepte einer kreislaufgerechten Stadt ein. Rückbau, Wiederverwendung und Recycling sind bei Holzkonstruktionen oft einfacher als bei klassischen Massivbauten. Dadurch lassen sich Lebenszyklen von Gebäuden verlängern und Ressourcen effizienter nutzen, ein zentraler Aspekt der angestrebten Kreislaufwirtschaft im Bausektor.

Ökologische Vorteile des Holzbaus: Nachhaltigkeit über den Lebenszyklus hinweg

Die ökologische Bilanz von Holz ist aus mehreren Gründen positiv:

  • CO₂-Speicherung: Ein Kubikmeter Holz speichert etwa eine Tonne CO₂.
  • Energieeffizienz: Produktion und Verarbeitung sind energiearm.
  • Wiederverwendbarkeit: Holz kann recycelt oder thermisch verwertet werden.
  • Nachhaltige Forstwirtschaft: Zertifizierte Holzquellen stellen sicher, dass die Ressource langfristig verfügbar bleibt.

Zudem wird Holzbau häufig mit modernen Energiestandards kombiniert, etwa Passivhauskonzepten oder Plusenergiehäusern. In dieser Verbindung entsteht eine besonders nachhaltige Bauweise, die auch in politischen Klimastrategien zunehmend berücksichtigt wird.

Herausforderungen beim Holzbau: Ressourcen, Normen und Vorurteile

Trotz der vielen Vorteile stößt der Holzbau in Deutschland auf strukturelle Hürden. Ein zentrales Problem ist die Verfügbarkeit des Baustoffs. Zwar wächst der Wald in Deutschland, doch die Nachfrage nach hochwertigem Bauholz steigt rasant. Hinzu kommen globale Lieferketten und Preisentwicklungen, die die Planungssicherheit erschweren können.

Auch die baurechtlichen Rahmenbedingungen gelten in vielen Bundesländern noch als Hemmschuh. Brandschutzvorschriften, Schallschutz und Genehmigungsprozesse sind häufig auf konventionelle Massivbauweisen ausgerichtet. Erst nach und nach passen Länder ihre Bauordnungen an, um den Holzbau zu erleichtern.

Ein weiterer Aspekt betrifft Vorurteile und Sicherheitsbedenken. Denn in der Öffentlichkeit hält sich hartnäckig die Annahme, Holz sei anfälliger für Feuer oder weniger langlebig. Moderne Holzbautechnologien widerlegen dies jedoch: Durch Brandschutzbekleidungen, mehrschichtige Konstruktionen und kontrollierte Holzfeuchte erreichen Holzbauten heute Brandschutz- und Dauerhaftigkeitswerte, die mit Beton vergleichbar sind.

Wirtschaftlichkeit und Lebenszykluskosten von Holz- und Holz-Hybridgebäuden

Auch wirtschaftlich kann Holzbau überzeugen, vorausgesetzt, die Planung ist ganzheitlich. Zwar können die Investitionskosten höher ausfallen als bei konventionellen Bauweisen, vor allem durch hochwertige Materialien und Vorfertigung. Doch über den gesamten Lebenszyklus hinweg zeigen sich Vorteile: geringere Betriebskosten, Energieeinsparungen und die Möglichkeit, Gebäude flexibel umzunutzen.

Darüber hinaus fördert Holzbau eine neue Form des Bauens, die stärker auf serielle Fertigung und effiziente Prozesse setzt. Das kann nicht nur Kosten stabilisieren, sondern auch dem Fachkräftemangel im Baugewerbe entgegenwirken.

Holzbau als Baustein der Bauwende, aber kein Allheilmittel

Holz ist ein zukunftsweisender Baustoff, aber kein Allheilmittel. Für eine klimaneutrale Bauwende wird eine Materialvielfalt notwendig sein: Holz kann mit anderen nachhaltigen Materialien kombiniert und in ganzheitliche Planungskonzepte eingebettet werden. Entscheidend ist aber, dass Bauweisen ressourcenschonend, zirkulär und anpassungsfähig gestaltet werden. Das wird allein durch den Einsatz von Holz als Baustoff nicht erreicht.

Zudem darf der steigende Holzverbrauch nicht auf Kosten der Wälder gehen. Nur wenn Holz aus nachhaltiger Forstwirtschaft stammt und langfristig verfügbar bleibt, kann der Baustoff sein Klimaschutzpotenzial wirklich entfalten.

Paradigmenwechsel: Holzbau als wichtiger Motor für Innovation

Der Holzbau steht für einen Paradigmenwechsel in der Architektur und Stadtentwicklung: weg vom linearen Ressourcenverbrauch, hin zu kreislauforientierten, klimafreundlichen Bauweisen. Er eröffnet neue gestalterische Möglichkeiten, stärkt regionale Wertschöpfungsketten und kann Städte nachhaltiger machen.

Damit dieser Wandel gelingt, braucht es jedoch mehr als technologische Innovation; nämlich politische Rahmenbedingungen, gesellschaftliche Akzeptanz und strategisches Flächenmanagement. Holzbau kann so zu einem wichtigen Motor der Bauwende in Deutschland werden, wenn es denn politisch gewollt ist.

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Pankow: Im Stadtteil Französisch-Buchholz entstehen 84 Doppel- und Reihenhäuser in Holzbauweise. / © Visualisierung: Ziegert Group / EverEstate

 

Quellen: Tchoban Voss Architekten, Deimel Oelschläger Architekten, Baunetzwissen, Weizenegger, Baumeister, Holzbauwelt, BauNetz, Zukunftsinstitut, haus.de

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