Entlang des Halleschen und Schöneberger Ufers entstehen derzeit Projekte, die den Stadtraum am Landwehrkanal neu ordnen und aufwerten sollen. Während geplante Grün- und Verkehrsprojekte wie die Uferpromenade oder die Radbahn stagnieren, schreiten Gewerbe- und Kulturprojekte sichtbar voran. Am Landwehrkanal treffen die Spannungen zwischen Klimaanpassung, Verdichtung und Stadtentwicklung exemplarisch aufeinander.

© Visualisierung Titelbild: CA Immo

 

Entlang des Halleschen und Schöneberger Ufers zeigt sich sehr exemplarisch, wie unterschiedlich Stadtentwicklung in Berlin voranschreiten kann. Zwischen geplanten Grünzügen, visionären Verkehrsprojekten und wachsenden Gewerbebauten spannt sich ein breites Spektrum an Vorhaben, die das Gebiet rund um den Landwehrkanal nachhaltig verändern könnten, oder es bereits tun.

Einige Projekte, wie die geplante Uferpromenade oder die Erweiterung der Radbahn, sollten Flächen entsiegeln und neue Freiräume schaffen, wurden jedoch gestoppt oder verzögert. Gleichzeitig entstehen großformatige Gewerbeprojekte, die das Quartier architektonisch und wirtschaftlich aufwerten sollen.

Sieben Projekte verdeutlichen, wie sich an diesem Abschnitt des Landwehrkanals beispielhaft die Spannungen zwischen Klimaanpassung, Mobilitätswende und Wachstumsdynamik der Stadt ablesen lassen. ENTWICKLUNGSSTADT gibt einen Überblick:

Projekt 1: Geplante Umgestaltung des Halleschen Ufers zur Promenade — gestoppt

Visualisierung vom Halleschen Ufer

Geplant war, das Hallesche Ufer auf einer Länge von 1,7 Kilometern zwischen Kulturforum und Urbanhafen in eine begrünte, weitgehend autofreie Uferpromenade umzuwandeln. / © Visualisierung: YellowZ

Seit 2019 plante der Bezirk Friedrichshain-Kreuzberg, das Hallesche Ufer auf 1,7 Kilometern Länge zwischen Kulturforum und Urbanhafen in eine begrünte Promenade für Fußgängerinnen und Fußgänger sowie Radfahrende umzuwandeln. Der Autoverkehr sollte auf das südlich gelegene Tempelhofer Ufer verlagert werden. Das Projekt war vom Bund als „Nationales Projekt des Städtebaus“ ausgezeichnet und mit rund drei Millionen Euro Fördermitteln versehen.

Im Herbst 2023 stoppte die Verkehrsverwaltung das Vorhaben. Staatssekretärin Claudia Elif Stutz (CDU) verwies auf die Bedeutung des Halleschen Ufers als Teil der Bundesstraße B96 und wichtiger Bus- und Schwerlaststrecke. Während CDU und Senatsverwaltung den Erhalt der Verkehrsfunktion betonten, kritisierten Vertreterinnen und Vertreter von SPD, Grünen und Linken die Entscheidung als Rückschritt für die klimagerechte Stadtentwicklung und für den Fuß- und Radverkehr in der Innenstadt.

Projekt 2: Erweiterung der Radbahn unter der U1 — gefordert, aber nicht umgesetzt

Visualisierung Viadukt Radbahn unter der U1

Mit dem Projekt „Reallabor Radbahn sollten Teile der Skalitzer Straße neugeordnet werden. Der Autoverkehr soll auf die südliche Fahrbahn verlagert werden, während die nördliche Seite und der Bereich unter dem Viadukt Rad- und Fußverkehr vorbehalten bleiben. / © Foto: Reallabor Radbahn gemeinnützige UG

Das Projekt „Reallabor Radbahn“ verfolgt die Idee, den Raum unter der U-Bahnlinie U1 zwischen Oberbaumbrücke und Halleschem Ufer in eine durchgehende Fahrrad- und Fußgängertrasse umzuwandeln. Der Verein Paper Planes e.V. und die Reallabor Radbahn UG entwickelten das Konzept bereits vor zehn Jahren und setzten 2024 eine vom Bund geförderte Teststrecke in Kreuzberg um.

Eine Machbarkeitsstudie der Senatsverwaltung ergab, dass die Umgestaltung technisch möglich ist und bis zu 40 Prozent Entsiegelung bringen könnte. Damit ließen sich Hitzebelastung und Lärm mindern und die Verkehrssicherheit erhöhen. Dennoch stagniert das Vorhaben: Finanzierungsfragen, Verwaltungsprozesse und politische Zurückhaltung verhindern bislang die Umsetzung der geplanten Radbahn-Erweiterung entlang der Skalitzer Straße.

Projekt 3: Neugestaltung der Uferwege und Freiflächen am Urbanhafen — Entwurfsplanung abgeschlossen

Urbanhafen am Landwehrkanal

Am Urbanhafen sind ein breiterer Gehweg mit Sitzgelegenheiten, eine neue Rampe zum Wasser, die Umwandlung des Carl-Herz-Ufers in eine Fahrradstraße sowie ein großer, barrierefreier Spielplatz im südlichen Teil des Parks geplant. / © Foto: IMAGO / Jürgen Held

Am Urbanhafen in Kreuzberg plant das Bezirksamt Friedrichshain-Kreuzberg eine umfassende Erneuerung der öffentlichen Grün- und Wegeflächen. Zwischen Baerwaldbrücke und dem Eingang Planufer soll der stark frequentierte Bereich am Landwehrkanal aufgewertet werden. Im Mittelpunkt stehen eine Verbesserung der Wege, neue Aufenthaltsflächen, mehr Barrierefreiheit sowie Maßnahmen zum Klima- und Wasserschutz. Das beauftragte Landschaftsarchitekturbüro Levin Monsigny und das Verkehrsingenieurbüro Asphalta haben die Entwurfsplanung im Juli 2025 abgeschlossen.

Der zweite Bauabschnitt, der bis zur Admiralbrücke reichen soll, ist ab 2026 vorgesehen. Teile der heutigen Straßenflächen sollen entsiegelt und in Grünzonen mit Regenwasserversickerung umgewandelt werden. Das Projekt gilt als wichtiger Baustein zur Aufwertung des Fördergebiets Urbanstraße und soll den Urbanhafen langfristig zu einem klimaangepassten, nutzungsfreundlichen Stadtfreiraum entwickeln.

Projekt 4: Hochhaus „M50“ — Herzstück des Quartiers „Die Macherei“ am Halleschen Ufer

Die Macherei in Kreuzberg

Die südliche Fassade des „M50“ soll künftig die größte Photovoltaik-Fläche Deutschlands tragen, ergänzt durch Sport- und Grünbereiche auf dem Dach des angrenzenden Sockelgebäudes.  / © Foto: ENTWICKLUNGSSTADT

Am Halleschen Ufer entsteht mit dem Hochhaus „M50“ das zentrale Gebäude des neuen Quartiers „Die Macherei“, entwickelt von Art Invest Real Estate und der landeseigenen DEGEWO. Das ehemalige Postscheckamt wird zu einem modernen, gemischt genutzten Hochhaus mit Büroflächen, Gastronomie und einer öffentlich zugänglichen Skybar umgebaut.

Das Richtfest im September 2025 markierte einen wichtigen Meilenstein. Architekt Eike Becker sprach von einer „Stadtreparatur“, die das einst isoliert wirkende Hochhaus neu in die Umgebung einbindet. Bis Sommer 2026 soll das Gebäude fertiggestellt sein und als nachhaltiges Wahrzeichen Kreuzbergs ein neues Stück Stadtleben am Landwehrkanal schaffen.

Projekt 5: Neues Eingangsgebäude für das Deutsche Technikmuseum am Halleschen Ufer

Visualisierung des neuen Eingangsgebäudes des Deutschen Technikmuseums in Berlin

Mit dem Neubau setzt das Technikmuseum seine kontinuierliche Entwicklung fort und schafft ein zukunftsweisendes Entrée für eines der meistbesuchten Museen Berlins. / © Visualisierung: querkraft architekten zt GmbH

Das Deutsche Technikmuseum in Kreuzberg erhält ein neues Eingangsgebäude, das Architektur und Funktion des Standorts modernisieren soll. Nach einem europaweiten Wettbewerb beauftragte die BIM Berliner Immobilienmanagement GmbH das Wiener Büro querkraft architekten mit der Generalplanung. Der Entwurf überzeugte durch Nachhaltigkeit, städtebauliche Klarheit und seine Einbindung in die bestehende Museumslandschaft.

Der Neubau entsteht zwischen dem Haupthaus von 2001 und dem historischen Kopfbau am Halleschen Ufer. Geplant sind ein großzügiges Foyer, ein öffentlich zugänglicher Dachpark, ein Museumsrestaurant und ein neuer Shop, die das Museum stärker mit der Stadt verbinden sollen. Politik und Museumsleitung lobten den Entwurf als zukunftsweisend und identitätsstiftend.

Projekt 6: „Skygreen“ — Abriss für Neubau am Halleschen Ufer läuft

Visualisierung vom "Skygreen" am Halleschen Ufer

Am Halleschen Ufer in Kreuzberg wird derzeit ein marodes Verwaltungsgebäude abgerissen, um Platz für den Neubau des Bürocampus „Skygreen“ zu schaffen. / © Visualisierung: CA IMMO

Am Halleschen Ufer 74–76 entsteht mit dem „Skygreen“ ein Bürocampus, der den bestehenden Bau „Grasblau“ ergänzt. Das marode Verwaltungsgebäude aus den 1960er-Jahren wird derzeit abgerissen, um Platz für den Neubau mit rund 18.000 Quadratmetern Bürofläche zu schaffen. Geplant sind flexible Arbeitsbereiche, ein lichtdurchflutetes Atrium, Gastronomie und Fitnessangebote im Erdgeschoss.

Das Gebäude wird in Holz-Hybridbauweise errichtet und CO₂-neutral betrieben. Dachterrassen, Green Decks und eine Photovoltaikanlage sollen den nachhaltigen Charakter unterstreichen. Mit dem „Skygreen“ entsteht ein modernes Bürohaus, das Arbeit, Begegnung und ökologische Verantwortung verbindet und den Standort am Landwehrkanal aufwerten möchte.

Projekt 7: „BE.YOND OFFICE“ am Schöneberger Ufer kurz vor der Fertigstellung

BEYOND Office am Schöneberger Ufer

Der Büroneubau „BE.YOND OFFICE“ Berlin am Schöneberger Ufer nähert sich seiner Fertigstellung. / © Foto: ENTWICKLUNGSSTADT

Am Schöneberger Ufer 69 in Tiergarten entsteht mit dem „BE.YOND OFFICE“ Berlin ein moderner Bürostandort mit rund 8.600 Quadratmetern Mietfläche. Der Neubau des Büros HENN kombiniert klare Architektur, flexible Arbeitskonzepte und nachhaltige Elemente wie begrünte Außenflächen und Dachterrassen. Die Fertigstellung ist für Ende 2025 geplant.

Künftige Mieter sind unter anderem die UFA und die DATEV eG, die hier moderne Arbeitswelten mit offenen und klassischen Bürostrukturen beziehen werden. Mit großzügigen Gemeinschaftsflächen und lichtdurchfluteten Räumen soll das Gebäude Arbeit und Begegnung am Landwehrkanal neu verbinden.

 

Quellen: Reallabor Radbahn UG, paper planes e.V., Senatsverwaltung für Stadtentwicklung, Bauen und Wohnen, Bezirksamt Friedrichshain-Kreuzberg, Bundesministerium für Wohnen, Stadtentwicklung und Bauwesen, Art Invest Real Estate, Airport Region, IT Finanzmagazin, Berlin Bauboom, KEC Architekten, Pandion AG, DEGEWO,  BIM Berliner Immobilienmanagement GmbH, querkraft architekten zt gmbh, CA Immo, Berlin-live, Architektur Urbanistik Berlin, BE.YOND OFFICE, mbn, HENN GmbH

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