Die Unterbringung von Geflüchteten bleibt für Berlin eine herausfordernde Aufgabe. Manche Standorte werden erweitert oder modernisiert, andere schließen nach vielen Jahren. Dabei treffen soziale Verantwortung, politische Entscheidungen und lokale Interessen immer wieder aufeinander. Fünf Beispiele zeigen, wie unterschiedlich die Ansätze und Perspektiven in den Bezirken sind.
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Berlin steht seit Jahren vor der Aufgabe, Menschen, die vor Krieg, Gewalt, politischer Verfolgung oder den Folgen der Klimakrise fliehen, Schutz und ein würdiges Zuhause zu bieten. Die Hauptstadt nimmt dabei eine besondere Verantwortung wahr und versucht, den stetig wachsenden Bedarf an Unterkünften mit sozialer Integration und städtebaulicher Planung in Einklang zu bringen. Zuständig für Organisation, Belegung und Betrieb ist das Landesamt für Flüchtlingsangelegenheiten (LAF), das ein weit verzweigtes Netz aus Ankunftszentren, Aufnahmeeinrichtungen, Not- und Gemeinschaftsunterkünften in allen zwölf Bezirken betreibt.
Derzeit gibt es in Berlin 125 Unterkünfte, die unterschiedlich über die Stadt verteilt sind, abhängig von verfügbaren Flächen und vorhandener Infrastruktur. Die meisten Einrichtungen liegen in Pankow (16), Treptow-Köpenick (15) und Charlottenburg-Wilmersdorf (14). In Lichtenberg bestehen 13, in Tempelhof-Schöneberg 12 Unterkünfte, während Marzahn-Hellersdorf und Neukölln über jeweils zehn Standorte verfügen. Diese Verteilung zeigt, wie vielfältig die Bemühungen sind, Geflüchteten in allen Teilen der Stadt sichere Lebensorte zu ermöglichen.
Neue Großunterkunft an der Hasenheide geplant

An der Hasenheide zwischen Neukölln und Kreuzberg entsteht eine Unterkunft für bis zu 1.500 Geflüchtete. Der Umbau sorgt schon jetzt für politischen und gesellschaftlichen Diskurs. / © Foto: IMAGO
An der Hasenheide 23–27 zwischen Kreuzberg und Neukölln entsteht eine neue Unterkunft für bis zu 1.500 geflüchtete Menschen. In dem ehemaligen Bürogebäude aus den 1990er-Jahren sollen auch 240 unbegleitete Minderjährige untergebracht werden. Geplant sind zwölf Willkommensklassen und Gemeinschaftsbereiche. Eigentümerin ist die KapHag Beteiligungen GmbH, die das Gebäude für die Nutzung bereitstellt. Der Bezirk Friedrichshain-Kreuzberg fordert vom Land Berlin jährlich rund 2,1 Millionen Euro für soziale Angebote wie Gesundheitsversorgung, Familienhilfen und Sprachkurse. Bezirksbürgermeisterin Clara Herrmann (Grüne) betont deren Bedeutung für Integration und Teilhabe. Zugleich setzt das Willkommensbündnis Hasenheide auf Beteiligung und Dialog, um ein solidarisches Miteinander im Kiez zu fördern.
Schließung der Gemeinschaftsunterkunft Alfred-Randt-Straße

Nach dem Auszug der letzten Bewohnerinnen und Bewohner beginnt der Rückbau der Container. Dieser soll bis November 2026 abgeschlossen sein, sodass das Gelände im zweiten Quartal 2027 baureif übergeben werden kann. / © Foto: IMAGO / Jürgen Heinrich
Im Allende-Viertel in Treptow-Köpenick wird nach über zehn Jahren die Gemeinschaftsunterkunft in der Alfred-Randt-Straße geschlossen. Das älteste Berliner Containerdorf, 2014 errichtet, bot in Spitzenzeiten mehreren hundert Geflüchteten ein Zuhause und wurde zu einem Ort zivilgesellschaftlichen Engagements. Mit dem geplanten Bau einer Gemeinschaftsschule und einer neuen Sporthalle endet nun ein prägender Abschnitt der Stadtteilgeschichte. Der Rückbau der Anlage soll bis Ende 2026 abgeschlossen sein. Bevor die Container verschwinden, würdigt eine Ausstellung die Geschichte des Standorts und das Engagement der Nachbarschaft. Das Projekt soll nicht nur an die Unterkunft erinnern, sondern auch einen Dialog über Ankommen, Solidarität und Wandel im Kiez anstoßen.
Konflikt um Neubau für Geflüchtete in Pankow

Die GESOBAU möchte Wohnungen für Geflüchtete in ihrer Siedlung zwischen Ossietzkystraße und Kavalierstraße am Schlosspark Schönhausen in Pankow errichten. Anwohnende stellen sich gegen die Rodung von Bäumen und fordern eine kleinere Bebauung. / © Visualisierung: Gesobau/Zoomarchitekten Berlin
Zwischen Ossietzkystraße und Kavalierstraße plant die landeseigene GESOBAU zwei Wohnhäuser mit 99 Wohnungen für rund 420 Geflüchtete. Ursprünglich als reguläre Wohnbebauung vorgesehen, wurde das Projekt kurzfristig angepasst. Der Baustart verzögert sich, da Genehmigungen für Baumfällungen und Artenschutzauflagen fehlen. Umweltverbände und die Bürgerinitiative „Grüner Kiez Pankow“ kritisieren den Verlust von Grünflächen und fehlende Nachweise für geschützte Arten. Sie fordern eine kleinere Bebauung und bessere Ausgleichsmaßnahmen.
Umbau des City Hotels zur Gemeinschaftsunterkunft verzögert sich

Das City Hotel Berlin East im Berliner Stadtteil Lichtenberg, soll langfristig dazu beitragen, andere stark ausgelastete Einrichtungen wie die Notunterkunft am Flughafen Tegel zu entlasten. Parallel sind im Bezirk mehrere Containerstandorte für zusätzliche Plätze geplant, die zwischen 2025 und 2026 entstehen sollen. / © Foto: Wikimedia Commons, Angela M. Arnold, Berlin (=44Pinguine), CC BY-SA 3.0
Der Umbau des ehemaligen City Hotel Berlin East an der Landsberger Allee in Lichtenberg zu einer Gemeinschaftsunterkunft verzögert sich. Statt wie geplant im Juli sollte zuletzt ein neuer Betreiber ab September 2025 die Gemeinschaftsunterkunft übernehmen. Derzeit leben bereits rund 760 Menschen, überwiegend Minderjährige, in dem früheren Hotel. Geplant ist, die Zimmer mit Küchen zur Selbstversorgung auszustatten und Platz für bis zu 1.200 Personen zu schaffen. Der Bezirk Lichtenberg fordert zudem bessere Bedingungen vor Ort. Es fehle an ärztlicher Versorgung, Bildungsangeboten und einer ausreichenden Anbindung an den Nahverkehr. Damit Integration gelingen kann, müsse der Senat stärker in soziale und infrastrukturelle Maßnahmen investieren.
Verlängerte Nutzung des Tempelhofer Feldes für Geflüchtetenunterkünfte

Der Berliner Senat hat beschlossen, die Unterbringung von Geflüchteten auf dem Tempelhofer Feld bis 2036 zu verlängern und auszubauen, einschließlich der sozialen und Bildungsangebote wie der Betreuungseinrichtung Zirkus Cabuwazi. / © Foto: Wikimedia Commons, A.Savin, FAL
Der Berliner Senat hat beschlossen, die Unterbringung von Geflüchteten auf dem Tempelhofer Feld bis 2036 zu verlängern. Damit sollen Notunterkünfte entlastet und langfristig sichere Wohnmöglichkeiten geschaffen werden. Auf einer Fläche von 14,4 Hektar bleiben bestehende Containeranlagen erhalten und werden um neue dreigeschossige Gebäude mit bis zu 1.100 Plätzen ergänzt. Da das Tempelhofer-Feld-Gesetz eine Bebauung grundsätzlich untersagt, war eine gesetzliche Anpassung nötig. Sie schafft die Grundlage für den weiteren Betrieb und Ausbau der Anlagen.
Politischer Streit um Unterbringung: SPD und CDU uneinig über Zukunft der Geflüchtetenunterkünfte
Trotz neuer Bauprojekte, Erweiterungen und Schließungen bleibt die Unterbringung Geflüchteter in Berlin ein komplexes und sensibles Thema. Viele Fragen sind offen, etwa, wie bezahlbare und dezentrale Lösungen langfristig gesichert werden können. In der Koalition aus SPD und CDU wächst zugleich der Konflikt über den richtigen Kurs: Während die SPD auf kleinere Unterkünfte und flexible Nachnutzung setzt, favorisiert die CDU zentrale Großstandorte wie das Ankunftszentrum Tegel.
Hinter der Debatte stehen nicht nur finanzielle Fragen, sondern auch die nach einer menschenwürdigen und zukunftsfähigen Unterbringungspolitik. Angesichts steigender Ankunftszahlen wird Berlin weiterhin Wege finden müssen, wie Schutzsuchende fair verteilt und vorhandene Ressourcen verantwortungsvoll genutzt werden können.
Quellen: Landesamt für Flüchtlingsangelegenheiten, Tagesspiegel, Willkommensbündnis Hasenheide, Berliner Morgenpost, Bezirksamt Treptow-Köpenick, Tagesspiegel, rbb24, Berliner Kurier, GESOBAU, Neues Deutschland, Presse- und Informationsamt des Landes Berlin
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