Berlin hat rund 30 Häfen, viele mit langer Industriegeschichte. Während einige noch als Umschlagplätze dienen, verwandeln sich andere in lebendige Stadtquartiere. Fünf Häfen zeigen exemplarisch, wie Vergangenheit und Zukunft zusammenfinden.
Humboldthafen
Westhafen
Tempelhofer Hafen
Grenz- und Museumshafen Berlin
Südhafen Spandau
© Foto Titelbild: Wikimedia Commons, A. Savin, CC BY-SA 3.0
Das Berliner Wasserstraßennetz ist rund 194 Kilometer lang. Ob an der Spree, an der Havel oder entlang der Kanäle: Mit rund 30 Hafenanlagen zählt die Hauptstadt zu den bedeutendsten Binnenhafenstandorten Deutschlands. Jahrzehntelang waren sie Lebensadern der Industrie, Umschlagplätze für Kohle, Getreide, Baustoffe und Maschinen. Heute stehen viele dieser Orte sinnbildlich für den Strukturwandel der Stadt. Wo einst Kräne und Container dominierten, entstehen urbane Quartiere, Kulturorte und Freizeitflächen.
Diese fünf Berliner Häfen zeigen den Wandel besonders eindrucksvoll – vom traditionsreichen Westhafen in Moabit bis zum neuen Museumshafen auf der Spree zwischen Friedrichshain-Kreuzberg und Treptow-Köpenick.
1. Humboldthafen: Vom Industriebecken zur urbanen Flaniermeile am Hauptbahnhof

© Foto: Wikimedia Commons, Elisauer, CC BY-SA 4.0
Der Humboldthafen, 1848 eröffnet, war einst ein wichtiger Güterumschlagplatz zwischen der Spree und der Hamburger Bahn. Hier wurden Ziegel, Getreide und Baustoffe verladen, später auch Brennstoffe und Maschinen. Nach schweren Kriegszerstörungen lag der Hafen jahrzehntelang brach – bis die Neugestaltung des Berliner Hauptbahnhofs dem Areal neues Leben einhauchte.
Heute erinnert die restaurierte Kaimauer an die industrielle Vergangenheit, während das Umfeld zunehmend urban geprägt ist. Auf der Südseite entsteht derzeit das letzte große Entwicklungsfeld rund um den Hauptbahnhof: ein Ensemble aus Büro- und Hotelflächen mit direkter Wasserlage. Eine sanierte Uferpromenade soll künftig Spaziergängerinnen und Spaziergänger sowie Radfahrende zum Verweilen einladen. Der Humboldthafen steht damit exemplarisch für Berlins Versuch, historische Infrastruktur in moderne Stadtentwicklung einzubetten.
2. Südhafen Spandau: Zukunftsfähiges Industrieareal mit Aufenthaltsqualität

© Foto: Wikimedia Commons, Lienhard Schulz, CC BY-SA 3.0
Der Südhafen Spandau wurde 1908 eröffnet und diente zunächst als Umschlagplatz von Baustoffen und Schüttgut. Jahrzehntelang war er ein zentraler Knotenpunkt für die industrielle Versorgung West-Berlins. Nach dem Mauerfall verlor der Hafen an Bedeutung. Das soll sich nun wieder ändern.
Die BEHALA (Berliner Hafen- und Lagerhausgesellschaft) modernisiert die Hafenanlagen umfassend. Ab 2025 sollen neue Kaianlagen, Logistikflächen und ein zukunftsfähiges Energiekonzept umgesetzt werden. Parallel wird die Ufergestaltung neu gedacht: Neben der Hafennutzung sollen Grünflächen und Wege entstehen, die den Zugang zum Wasser verbessern sollen. Der Südhafen soll so wieder zu einem lebendigen Bindeglied zwischen Industrie, Umwelt und Stadtgesellschaft werden.
3. Westhafen: Der größte Binnenhafen Berlins vereint Logistik und moderne Nutzungsformen

© Foto: Wikimedia Commons, Chrischerf, CC BY-SA 3.0
Der Westhafen in Moabit ist der größte Binnenhafen Berlins, und einer der bedeutendsten in Deutschland. 1923 eröffnet, galt er als modernstes Hafenprojekt seiner Zeit. Über den Berlin-Spandauer Schifffahrtskanal erreichten hier täglich Güterzüge und Schiffe den Umschlagplatz, der West-Berlin selbst in Zeiten der Teilung versorgte.
Heute ist der Hafen eine denkmalgeschützte Industriekulisse mit moderner Nutzung. In den alten Speichergebäuden haben sich Firmen, Archive und Eventlocations wie das Westhafen Event & Convention Center (WECC) etabliert. Zum 100-jährigen Jubiläum 2023 wurde das Areal als Symbol für Berlins industrielle Identität gefeiert. Langfristig wird diskutiert, den Westhafen stärker für Öffentlichkeit und Freizeit zugänglich zu machen, ohne dass er seine logistische Funktion verliert.
4. Tempelhofer Hafen: Vom Umschlagplatz zum Shoppingcenter

© Foto: Wikimedia Commons, Anton Frabow, CC BY-SA 3.0 DE
Der Tempelhofer Hafen wurde 1908 als Lager- und Umschlaghafen für Baustoffe errichtet. Seine Lage am Teltowkanal machte ihn zu einem wichtigen Standort für die expandierende Bauwirtschaft der Kaiserzeit. Nach Jahrzehnten industrieller Nutzung begann 2009 die Transformation: Aus der ehemaligen Hafenanlage wurde ein modernes Einkaufs- und Freizeitquartier mit Promenade, Restaurants und Yachthafen.
Die historischen Speichergebäude wurden saniert, die Kaianlagen öffentlich zugänglich gemacht. Heute ist der Tempelhofer Hafen ein beliebter Treffpunkt für Anwohnerinnen und Anwohner. Zukünftig sollen noch mehr Kultur- und Freizeitangebote Einzug im Tempelhofer Hafen finden.
5. Museumshafen an der Spree: DDR-Vergangenheit trifft auf neue Zukunft
Zwischen Oberbaum- und Elsenbrücke ragt ein rund 480 Meter langer Steg aus dem Wasser. Als ehemaliger Teil der innerstädtischen Grenzanlagen, diente er dazu, Fluchtversuche über den Wasserweg zu verhindern. Jahrzehntelang war das Areal unzugänglich. Nun soll der historische Ort als „Grenz- und Museumshafen“ zu einem öffentlichen Kultur- und Erinnerungsraum werden, der Industrie- und Zeitgeschichte und moderne Stadtentwicklung miteinander verbindet.
Das von den Büros &MICA und Wilk Salinas Architekten entworfene Konzept sieht vor, den historischen Steg zu einem begehbaren Museumshafen umzugestalten. Enstehen sollen Ausstellungsflächen, eine Freiluftgalerie, Veranstaltungsorte und historische Schiffe, die direkt am Kai anlegen. Der Steg selbst wird zum zentralen Ausstellungsobjekt: ein Ort, an dem sich die geteilte Geschichte Berlins buchstäblich über dem Wasser erleben lässt. Der Baubeginn ist für Ende 2026 geplant, zuvor läuft ein umfangreiches Werkstattverfahren.
Vom Logistikstandort bis zum Kulturquartier: Berliner Häfen als Zukunftsräume
Berlins Häfen sind mehr als Relikte vergangener Industriezeiten: Sie sind Schaufenster des Wandels. Zwischen Denkmalschutz, Stadtentwicklung und Klimaanpassung entstehen neue Räume am Wasser, die historische Identität und modernes Stadtleben miteinander verbinden. Ob Logistikstandort, Shopping-Hafen oder Kulturquartier: Die Entwicklung der Häfen zeigt, wie Berlin sein wichtigstes Element neu entdeckt.
Quellen: &MICA GmbH, Wilk-Salinas Gesellschaft von Architekten mbH, Senatsverwaltung für Mobilität, Verkehr, Klimaschutz und Umwelt, Berlin.de, Berliner Kurier, Berliner Morgenpost, BEHALA – Berliner Hafen- und Lagerhausgesellschaft mbH, AVISO GmbH, Wikipedia, rbb, Berliner Zentrum Industriekultur, Berlin Tourismus & Kongress GmbH, „Berliner Häfen“ (L + H Verlag Berlin Thies Schröder e.K.)
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