Die CDU-Fraktion im Berliner Abgeordnetenhaus will Zugangssperren an allen 175 U-Bahnhöfen der Hauptstadt einführen. Damit sollen Sicherheit und Sauberkeit verbessert werden. Finanziert werden soll das Vorhaben über Ticketpreise, was erhebliche Folgen für Fahrgäste hätte.

Ob Zugangssperren an allen Berliner U-Bahnhöfen realisiert werden können, ist bislang unklar, da sie vermutlich nur mit erheblichem technischem und baulichem Aufwand umzusetzen wären. Zudem stellen Fragen der Barrierefreiheit und notwendige Umbauten große Herausforderungen dar, die weitreichende Folgen für den Betrieb hätten./ © Foto: Wikimedia Commons, Geoprofi Lars, CC BY-SA 4.0
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Die CDU-Fraktion im Berliner Abgeordnetenhaus hat einen neuen Vorstoß zur Neugestaltung des Zugangs zu den Berliner U-Bahnhöfen präsentiert. An allen 175 Stationen sollen Drehkreuze installiert werden, um den Zugang künftig ausschließlich Fahrgästen mit gültigem Ticket zu ermöglichen. Nach Angaben von Fraktionschef Dirk Stettner am Montag bei einem Pressetermin, ist das Vorhaben Teil des Mobilitätskonzepts „Berlin 2035“, das derzeit gemeinsam mit der Senatsverkehrsverwaltung erarbeitet wird.
Die Partei verweist darauf, dass ähnliche Systeme in internationalen Metropolen wie Paris, London oder New York seit Jahren im Einsatz sind. Sie sieht darin eine Möglichkeit, Sicherheit und Sauberkeit in den Berliner U-Bahnhöfen spürbar zu verbessern. Kritikerinnen und Kritiker hingegen erinnern daran, dass ein vergleichbarer Vorschlag bereits mehrfach diskutiert und nie umgesetzt wurde.
CDU plant Refinanzierung der 400-Millionen-Euro-Kosten über Fahrpreise
Ein zentraler Bestandteil des CDU-Konzepts ist die Finanzierung über höhere Fahrpreise. Laut Berechnungen der Senatsverkehrsverwaltung würde der Einbau und Betrieb der Zugangssperren über einen Zeitraum von zehn Jahren rund 400 Millionen Euro kosten. Diese Summe soll nicht aus dem Landeshaushalt, sondern über Ticketpreise refinanziert werden.
Stettner argumentierte laut Berliner Morgenpost, dass ein geschlossener Zugang zu einem Rückgang von Vandalismus beitragen und langfristig Kosten senken könne. Allein 2024 verursachten Schäden durch Graffiti und andere Sachbeschädigungen bei der BVG einen finanziellen Aufwand von rund 17,1 Millionen Euro. Wie hoch der Anteil auf die U-Bahn entfällt, ist jedoch nicht bekannt.
SPD verweist auf Denkmalschutz und andere Prioritäten im Nahverkehr
Die SPD-Fraktion reagierte verhalten auf den CDU-Vorstoß. Verkehrspolitiker Tino Schopf erinnerte laut dem Tagesspiegel daran, dass zahlreiche Stationen unter Denkmalschutz stünden, außerdem gebe es bauliche und technische Hürden wie Aufzüge, die direkt vom Straßenraum auf den Bahnsteig führen. Diese Gegebenheiten erschweren die Umsetzung eines geschlossenen Systems erheblich.
Darüber hinaus betonte Schopf, dass es im ÖPNV andere Prioritäten gebe. Er nannte insbesondere die Stabilität des Betriebs sowie die Beschleunigung des Busverkehrs. Zugangssperren spielten in dieser Prioritätensetzung keine entscheidende Rolle.
Fahrgastverband IGEB lehnt Zugangssperren für Berliner U-Bahnhöfe ab
Die Interessengemeinschaft Eisenbahn, Nahverkehr und Fahrgastbelange Berlin e.V. (IGEB) lehnt die Pläne deutlich ab. Sprecher Christian Linow erklärte, dass Zugangssperren keinen nachhaltigen Nutzen bringen, sondern vielmehr neue Probleme schaffen könnten, etwa bei der Barrierefreiheit. Wer Sperren umgehen wolle, könne dies meist tun. Statt auf Drehkreuze zu setzen, fordert der Verband mehr Personalpräsenz auf den Bahnhöfen, wie der Tagesspiegel mitteilt.
Linow kritisierte außerdem die Finanzierung über höhere Ticketpreise. Nach seiner Einschätzung wäre das Geld besser in den Ausbau des Angebots und die Stabilisierung des Betriebs investiert. Ein teures Zugangssystem löse weder die bestehenden Herausforderungen noch steigere es automatisch die Sicherheit.
BVG warnt vor hohem Aufwand für Zugangssperren im Berliner U-Bahnnetz
Auch die Berliner Verkehrsbetriebe (BVG) äußerte sich kritisch zu den Plänen. Ein Sprecher erklärte, das Berliner U-Bahn-Netz sei über 100 Jahre alt und baulich sehr unterschiedlich. Viele Stationen seien zu schmal oder statisch nicht für Drehkreuze geeignet. Die BVG verwies außerdem auf Erfahrungen anderer Städte, in denen Zugangssperren nicht automatisch zu mehr Sicherheit oder weniger Vandalismus geführt haben. Ein Umbau des gesamten Netzes würde erheblichen baulichen, finanziellen und organisatorischen Aufwand verursachen.
Die Forderung nach Zugangssperren in Berliner U-Bahnhöfen ist nicht neu. In regelmäßigen Abständen wird sie politisch aufgegriffen, bisher aber nie umgesetzt. Ob der aktuelle Vorstoß diesmal weiter reicht, hängt nun auch vom Koalitionspartner SPD, der BVG und der öffentlichen Debatte ab. Klar ist jedoch: Ein flächendeckendes Drehkreuz-System würde einen tiefgreifenden Umbau des U-Bahnnetzes bedeuten und die Fahrgäste finanziell direkt betreffen.
Quellen: Tagesspiegel, Berliner Morgenpost, Taz
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7 Kommentare
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Ich finde es ist Zeit das Standard 2 Stunden Ticket nutzen zu können wie man will, nicht nur „lame“ in eine Fahrtrichtung.
Man muss schon genau hinsehen um es nicht für einen Aprilscherz zu halten. Dieser Vorschlag wird mit schöner Regelmäßigkeit aus der Mottenkiste geholt.
Die Finanzierbarkeit sei mal dahin gestellt – ob nun aus Landesmitteln oder über steigende Tarife.
Der ewige Vergleich mit den U-Bahnen in Paris, London oder New York zeigt vielmehr, dass die entsprechenden Politiker keines der U-Bahn-Systeme je genutzt zu haben scheint. Die Systeme dieser drei Städte liegen deutlich tiefer oder haben teilweise größeren Zugangsbauwerke, so dass sich Barrieren gut integrieren ließen. Allerdings krankt das System in London dadurch auch an der Zugangsfreundlichkeit für Personen mit Rollstühlen.
Auf den älteren U-Bahnlinien Berlins liegen die Bahnsteige tlw direkt unter der Straße ohne eine Zwischenebene. Wo sollen da Schranken aufgebaut werden? Direkt auf den Bahnsteigen? Oder auf den schmalen Mittelinseln im Straßenraum? Wie sollen dabei die Aufzüge integriert werden? Und wie sieht es mit den S-Bahnhöfen aus? Sind die von den Barrieren ausgenommen?
Diese fachfremden Vorschläge helfen dem ÖPNV-System in Berlin nicht weiter.
Das ist einfach dummes Zeug, was Sie hier schreiben. Waren Sie mal in Chicago? Und auch dort funktionieren Zugangsbeschränkungen. Und ich fordere ebenfalls endlich die Einrichtung von Zugangsbeschränkungen bei S- und U-Bahn in Berlin. Richtet endlich moderne Drehkreuze ein. Deutschland ist das „Geht-nicht-Land“! Alles Mögliche und Unmögliche geht in diesem Land komischerweise nicht, obwohl es überall im Rest der Welt wunderbar funktioniert. Und es müssen ja noch nicht mal überall zeitgleich entsprechende „Drehkreuze“ eingerichtet werden, man fängt mit den Hauptzugängen der Stadt an.
Und schon ihre Bezugnahmen Paris, London, New York zeigen den beschränkten Horizont: Fast überall auf der Welt sind U-Bahnen, Metros nur über Drehkreuze erreichbar, nur in Deutschland nicht.
Sehr geehrte(r) Herr/Frau Böhme,
ich habe Ende der 1990er Jahre bei der BVG gearbeitet und wir haben uns bereits damals mit der Frage der Drehkreuze beschäftigen müssen. Wenn Sie Zugangsbeschränkungen einrichten, müssen Sie einen Plan haben, in einem absehbaren Zeitraum auf allen Bahnhöfen Zugangsbarrieren zu installieren, sonst werden die Sperren umgangen.
Des weiteren scheinen Sie keine Ortskenntnis zu besitzen, sonst wüssten Sie, dass die U-Bahnhöfe im Berliner Stadtzentrum häufig als sogenannte Unterpflasterbahnen errichtet wurden. Das bedeutet, dass sie von der Straße ohne ein Zwischengeschoss direkt auf den Bahnsteig kommen. Die zentralen Bahnsteige sind im Berufsverkehr derart gefüllt, dass niemand auf die Idee käme, dort Drehkreuze oder Schranken oder dergleichen zu errichten. Bliebe also der Straßenraum.
Dort sind die Zugänge häufig in der Straßenmitte auf einer Mittelinsel. Selbst bei Zugängen zu beiden Seiten der Straße, gibt es in den seltensten Fällen ein klassisches Zugangsbauwerk. Sie betreten direkt die Treppe zur U-Bahn. Wenn Sie dort Drehkreuze errichten wollen, müssen Sie die Mittelinseln aufweiten und Fahrspuren einengen. Am Straßenrand ginge der zusätzliche Platzbedarf zulasten der Gehwege. Klar, theoretisch möglich ist alles. Aber derartige Eingriffe in das Stadtbild wollte man in den 1990er nicht und die wollen die Berliner auch jetzt nicht.
By the way… Nicht ich nehme Bezug auf Paris, London oder New York. Wenn Sie den ursprünglichen Beitrag, auf den sich mein Kommentar bezieht, aufmerksam gelesen hätten, hätten Sie bemerkt, dass dieser Vergleich von der CDU-Fraktion selbst kam.
Es gibt doch schon Kameras und Sicherheitspersonal in den Bahnhöfen, trotzdem sieht man dort zB. Junkies in aller Öffentlichkeit Crack rauchen oder Dealer wie sie das Zeug an diese Junkies verkaufen. Wie sollen Zugansperren das verhindern wenn das Sicherheitspersonal bei Verstößen gegen die Hausordnung schon heute nicht einfach rigoros durchgreift?
Grundsätzlich wollen wir mehr Nutzung der Öffentlichen Verkehrsmittel, einmal wegen dem Klima, und um den Verkehr zu entlasten.
Auch wenn eine Investition von 400 MIllionen für ein Kontrollsystem sich innerhalb von 10 Jahren amotisieren würden, entsteht hier eine zusätzliche Barriere, welche auch regelmäßig gewartet werden muß.
Wie schon äfters gefordert das Ziel ist ein kostenloser Zugang zur lokalen Mobilität, das müßte eigentlich im Interesse jedes Staates sein.
Ticketbarrieren, nicht essen, nicht trinken, das Untersagen von sonst irgendwelchen individuellen Faxen, Kamerapakete, die jeden Winkel ausleuchten, und ausreichend anwesendes Sicherheitspersonal sind Standard in so vielen Ländern der Erde, insbesondere in Ost-und Südostasien… Führt zu einem ganz eigenem Sicherheits-und Sauberkeitsgefühl…
Diese Vision wird vielleicht eine selbige in Berlin bleiben. Denn man wird es wohl eher wie so oft
zerquatschen und an der Wartung dieser Anlagen scheitern. Man sehe sich nur die ständig
kaputten Rolltreppen, undichten Bahnsteigdächer, Urin-und Kotz-Hotspots und zerfetzten
Eingangstüren an….Also alles einfachere Dinge als permanent gestresste Komplextechnik.
Im Moment traut man es dieser Stadt irgendwie gerade nicht zu, sich von Ihrer Verwahrlosung und
ihrem Schmuddel- und Grafiti-Kellerasselimage, was längst nicht mehr unter „arm und sexy“ ist,
zu befreien.