Die Bundeswehr stoppt die geplante zivile Nachnutzung ihres Areals auf dem ehemaligen Flughafen Tegel. Damit sind auch die Berliner Pläne für eine neue Unterkunft für geflüchtete Menschen auf dem Gelände vorerst vom Tisch. Der Schritt markiert einen Wendepunkt in der langen Geschichte der Umwandlung ehemaliger Militärflächen, die in den 1990er Jahren begann und zuletzt noch vorbereitet wurde.

Ehemaliger Flughafen Tegel

Das rund 60 Hektar große Bundeswehrareal liegt im nördlichen Teil des stillgelegten Flughafens Tegel. Wegen des wachsenden Flächenbedarfs der Streitkräfte soll das Gelände laut dem Verteidigungsministeriums vorerst in militärischer Nutzung bleiben. / © Foto: Wikimedia Commons, Ralf Roletschek, GFDL 1.2

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© Foto Titelbild: IMAGO / Jürgen Ritter

 

Das Bundesverteidigungsministerium hat ein Moratorium für die Umwandlung von Bundeswehr-Liegenschaften in zivile Nutzungen verhängt. Auch der militärische Teil des ehemaligen Flughafens Tegel ist davon betroffen. Die Flächen sollten ursprünglich in die künftige Stadtentwicklung des TXL-Areals einbezogen werden, wo bereits die Urban Tech Republic und das Schumacher Quartier entstehen.

Die Entscheidung betrifft bundesweit rund 200 Liegenschaften, davon 187, die bereits entmilitarisiert wurden, und 13, die weiterhin aktiv genutzt werden. Laut Verteidigungsstaatssekretär Nils Hilmer soll das Gelände in Tegel Teil einer „strategischen Liegenschaftsreserve“ werden, also einer Reserve, die bei Bedarf kurzfristig wieder militärisch genutzt werden kann.

Umwandlung von Bundeswehrflächen: Nach 30 Jahren endet der Prozess auch in Berlin-Tegel

Der Prozess, militärisch genutzte Flächen für zivile Zwecke freizugeben, begann in den frühen 1990er Jahren nach dem Ende des Kalten Kriegs. Damals wurde die Bundeswehr stark verkleinert, viele Kasernen und Übungsplätze wurden aufgegeben. In den 2010er Jahren, nach Aussetzung der Wehrpflicht, setzte sich die Umwandlung fort. Mit dem aktuellen Moratorium wird dieser Prozess nun erstmals seit über 30 Jahren gestoppt.

In Berlin war der ehemalige Flughafen Tegel ein zentrales Beispiel für diese Transformation. Von den 461 Hektar des Areals gehören 302 Hektar der Bundesanstalt für Immobilienaufgaben (BImA), also dem Bund und 159 Hektar dem Land Berlin. Während der zivile Teil bereits entwidmet und in städtebauliche Projekte überführt wurde, blieb der nördliche Teil in militärischer Nutzung.

Nach Kampfmittelräumung in Tegel: Geplante Unterkunft für Geflüchtete kann vorerst nicht entstehen

Noch im Jahr 2024 liefen auf dem Bundeswehrgelände in Tegel umfangreiche Kampfmittelräumungen. Mehr als 110 Tonnen alter Munition wurden in den vergangenen Jahren auf dem gesamten TXL-Areal geborgen. Diese Arbeiten waren Voraussetzung, um das Gelände sicher für die geplante zivile Nutzung zu machen.

Auf dem rund 60 Hektar großen Bundeswehrareal in Tegel Nord wollte der Berliner Senat eigentlich eine neue Unterkunft für Geflüchtete errichten. Laut Integrationssenatorin Cansel Kiziltepe (SPD) sollten dort 2.000 bis 3.000 Geflüchtete in kleinen Gemeinschaftsunterkünften untergebracht werden. Nach dem Moratorium sind diese Pläne nun vorerst ausgesetzt.

Bundeswehr verteidigt Tegel-Moratorium mit steigendem Eigenbedarf an Flächen

Das Verteidigungsministerium räumt ein, dass die Entscheidung auf Widerstand stoßen dürfte. Staatssekretär Hilmer erklärte, man sei sich bewusst, dass viele Flächen bereits in kommunale Planungen eingebunden seien. Wo möglich, solle versucht werden, bestehende zivile Vorhaben zu berücksichtigen.

Das Ministerium begründet den Schritt mit dem wachsenden Eigenbedarf der Bundeswehr. Angesichts der sicherheitspolitischen Lage und der geplanten Vergrößerung der Streitkräfte sei der Bedarf an geeigneten Liegenschaften gestiegen. Auch in Tegel werden weiterhin Hubschrauber der Flugbereitschaft des Bundes stationiert. Ursprünglich war geplant, diesen Betrieb bis 2029 vollständig an den BER zu verlegen.

Stadtentwicklung im Stillstand: Tegel bleibt militärische Reserve statt Wohn- und Forschungsstandort

Mit dem Umwandlungsstopp endet vorerst ein Kapitel, das für viele Städte, darunter Berlin, als Beispiel für die zivilgesellschaftliche Nutzung ehemaliger Militärflächen galt. Besonders in Tegel zeigt sich der Zielkonflikt deutlich: Während Berlin Flächen für neue Wohnungen, Forschungseinrichtungen und soziale Infrastruktur benötigt, behält der Bund militärische Reserven zurück.

Wie lange das Moratorium gilt, ist bislang offen. Das Verteidigungsministerium kündigte an, in „Dialog mit Ländern und Kommunen“ zu treten. Für die Hauptstadt bedeutet die Entscheidung jedoch, dass ein wichtiges Teilstück der künftigen Stadtentwicklung im Norden Tegels auf unbestimmte Zeit blockiert bleibt.

Quellen: Urban Tech Republic, Die Zeit, Tagesschau, Berliner Morgenpost, Wikipedia, Bundeswehr

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