Der ikonische „Bierpinsel“ in Berlin-Steglitz steht erneut im Fokus der Öffentlichkeit. Während Investor Götz Fluck das denkmalgeschützte Bauwerk sanieren und künftig für Büro- und Gastronomienutzung öffnen will, haben Aktivisten das Gebäude kurzzeitig besetzt, als Protest gegen Leerstand und fehlende Freiräume im Kiez.

Die Modernisierung des „Bierpinsels“ in der Steglitzer Schloßstraße ist durch die Denkmalschutzauflagen anspruchsvoll. Der neue Eigentümer betont, das Projekt in enger Zusammenarbeit mit dem Bezirk Steglitz-Zehlendorf umsetzen zu wollen und plant eine Begrünung des Gebäudes. / © Visualisierung: Lindner Planungsbüro
© Foto Titelbild: ENTWICKLUNGSSTADT
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Eine Architektur-Ikone der 1970er Jahre sorgt erneut für Schlagzeilen: Der „Bierpinsel“ in der Steglitzer Schloßstraße, seit Jahren leerstehend, wurde am 18. Oktober 2025 von Aktivisten besetzt. Nach mehreren Stunden beendete die Polizei die Aktion und nahm 16 Personen vorübergehend fest. Die Gruppe wollte mit der Besetzung gegen Leerstand und steigende Mieten in Berlin protestieren.
Der Protest richtete sich laut Polizeiangaben gegen die geplante Nutzung des Gebäudes für Büros und Gastronomie. In einem Flugblatt forderten die Besetzer „unkommerzielle Treffpunkte für den Kiez“ sowie mehr gemeinschaftlich nutzbare Flächen. Vor dem Gebäude versammelten sich rund 40 Unterstützerinnen und Unterstützer, verteilten Flugblätter und hängten Transparente auf.
„Bierpinsel“ in Berlin-Steglitz: Denkmalgeschütztes Wahrzeichen der Pop-Art-Architektur
Der rund 50 Meter hohe Turm gilt als eines der markantesten Bauwerke der Berliner Nachkriegsmoderne. Entworfen wurde er von den Architekten Ralf Schüler und Ursulina Schüler-Witte, die auch das ICC gestalteten. Der „Bierpinsel“ ist in die Joachim-Tiburtius-Brücke integriert und steht seit 2017 unter Denkmalschutz. Seine markante Form soll einen Baum symbolisieren, ein Sinnbild, das Investor Fluck mit einer begrünten Fassade neu interpretieren möchte.
Das zwischen 1972 und 1976 errichtete Bauwerk steht exemplarisch für die Pop-Art-Strömung in der Architektur der 1970er Jahre, wird aber auch dem Brutalismus zugeordnet. Trotz seiner kulturhistorischen Bedeutung hat das Gebäude seit Jahrzehnten keine dauerhafte Nutzung gefunden. Frühere Versuche mit Gastronomie, Clubs oder Kunsträumen blieben stets temporär.
Der „Bierpinsel“ soll Büros, Gastronomie und Forschungsflächen vereinen
Seit 2021 gehört der Bierpinsel dem Immobilienunternehmen ImmoMa. Geschäftsführer Götz Fluck will den Turm in den kommenden Jahren reaktivieren und eine Mischnutzung etablieren. Geplant sind Büroflächen in den unteren Etagen, Gastronomie mit Dachterrasse im obersten Geschoss sowie Räume für Forschung in Kooperation mit der Freien Universität Berlin.
Eine vollständige gastronomische Nutzung sei nach heutigen Brandschutzauflagen nicht mehr möglich, betont Fluck. Auch deshalb sollen künftig unterschiedliche Nutzungsarten kombiniert werden. Das Gebäude soll nach Abschluss der Modernisierung wieder öffentlich zugänglich sein.
Denkmalschutz und Brandschutz erschweren Sanierung des „Bierpinsels“ in Steglitz
Die Sanierung gilt als komplex. Der Denkmalschutz schreibt die Rückkehr zur historischen, roten Fassadenfarbe vor, während Fluck eine begrünte Variante plant, um dem Bauwerk einen nachhaltigen Charakter zu verleihen. Der Turm sei statisch in die Brückenkonstruktion integriert und könne nicht abgerissen werden.
Bauliche Veränderungen, wie etwa zusätzliche Fluchtwege, sind ausgeschlossen. Auch der bestehende Pachtvertrag erlaubt derzeit nur eine gastronomische Nutzung – eine Regelung, die mit den Brandschutzvorgaben kollidiert. Der Bezirk arbeitet laut Stadtrat Patrick Steinhoff daran, eine rechtlich tragfähige Lösung zu finden.
Zwischen Anspruch und Realität: Aktivisten fordern Freiräume, Denkmalschutz des „Bierpinsels“ setzt Grenzen
Fluck äußerte Verständnis für das Anliegen der Aktivisten, verwies aber auf die strukturellen Grenzen. Das Gebäude könne aus baulichen Gründen keine offenen Freiräume aufnehmen. „Ein zweites Treppenhaus, das eine andere Nutzung ermöglichen würde, ist wegen Denkmalschutz nicht realisierbar“, erklärte er dem rbb.
Damit bleibt der Bierpinsel ein Beispiel für den Konflikt zwischen gesellschaftlichen Ansprüchen und planerischen Zwängen. Während Aktivisten mehr Raum für soziale und kulturelle Projekte fordern, kämpfen Eigentümer und Verwaltung mit technischen Auflagen und Genehmigungsverfahren.
Architektur-Ikone und Streitobjekt: Wie der Bierpinsel Berlin bewegt
Der Vorfall zeigt, wie stark der „Bierpinsel“ über seine architektonische Bedeutung hinaus zu einem Symbol für den städtischen Wandel geworden ist. Leerstand, Denkmalschutz, Investoreninteressen und Bürgerprotest treffen hier aufeinander, exemplarisch für viele Orte im heutigen Berlin.
Ob und wann die Modernisierung beginnen kann, ist weiter offen. Der Bezirk Steglitz-Zehlendorf betonte zuletzt, man wolle das Projekt gemeinsam mit dem Eigentümer vorantreiben, um die Architektur-Ikone zu sichern und langfristig wieder für die Öffentlichkeit zugänglich zu machen.
Hier geht es zum vollständigen Video
Quellen: Stadtrandnrachrichten, Bezirksamt Steglitz-Zehlendorf, ImmoMa Gesellschaft für ImmobilienMarketing mbH, Landesdenkmalamt Berlin, Wikipedia
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3 Kommentare
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Erst durften sich die Studenten austoben mit grausiger „temporärer“ Bemalung die nun schon 10 Jahre dran ist, jetzt toben sich die grünen Umweltheinis aus. Nichts gegen grüne Fassaden, aber bitte an den vielen Neubauten wie im Europaviertel, wo sie komplett abwesend sind. Wo ist der Denkmalschutz wenn man ihn braucht?
Interessant, dass nun bereits Manager von Immobilienunternehmen als „grüne Umweltheinis“ gelten.
„Der Denkmalschutz schreibt die Rückkehr zur historischen, roten Fassadenfarbe vor, während Fluck eine begrünte Variante plant,…“ Sie können davon ausgehen, dass der Denkmalschutz am längeren Hebel sitzt. Insofern verstehe nicht ganz Ihre Frage.