Im Berliner Südosten soll mit Späthsfelde eines der größten neuen Stadtquartiere der kommenden Jahre entstehen. Nun hat die Senatsverwaltung das Siegerkonzept für die weitere Planung ausgewählt, doch es gibt auch Widerstände im Bezirk Treptow-Köpenick und von Umweltverbänden.

Das Leitmotiv „Kompakter Kiez im Grünen“ sieht ein dicht bebautes, aber zugleich durchgrüntes Stadtquartier vor, das Wohnen, Arbeiten und Freizeit in kurzer Distanz verbindet und die landschaftlichen Qualitäten von Späthsfelde bewahrt. Der östliche Bereich mit der Baumschule, dem Arboretum und angrenzenden Biotopen bleibt weitgehend erhalten und wird in das neue Stadtgefüge eingebunden. / © Visualisierung: CKSA Christoph Kohl Stadtplaner Architekten GmbH / FUGMANN JANOTTA PARTNER PartG mbH / HOFFMANN-LEICHTER -Ingenieurgesellschaft mbH
© Visualisierung: CKSA Christoph Kohl Stadtplaner Architekten GmbH / FUGMANN JANOTTA PARTNER PartG mbH / HOFFMANN-LEICHTER -Ingenieurgesellschaft mbH
© Foto Titelbild: Senatsverwaltung für Stadtentwicklung, Bauen und Wohnen
Die Senatsverwaltung für Stadtentwicklung hat die erste Stufe des Planungsverfahrens für das neue Stadtquartier in Späthsfelde abgeschlossen. Ein interdisziplinäres Gutachtergremium entschied sich für den Entwurf der Büros CSKA Christoph Kohl Stadtplaner Architekten, Fugmann Janotta Partner für die Landschaftsplanung und Hoffmann-Leichter Ingenieurgesellschaft für die Verkehrsplanung. Ihr Konzept trägt den Titel „Kompakter Kiez im Grünen“ und sieht eine urbane, durchgrünte Struktur mit hoher Aufenthaltsqualität vor.
Nach Angaben der Senatsbaudirektorin Petra Kahlfeldt sei das zentrale Ziel der ersten Planungsphase erreicht: Es liege nun ein überzeugendes Leitbild vor, das städtebauliche Qualität mit landschaftlicher Einbindung verbinde. Die bestehenden Strukturen, darunter die Späth’schen Baumschulen und Kleingärten, sollen integriert und gestärkt werden. In einem nächsten Schritt werde das Konzept überarbeitet und bis 2026 in einen Rahmenplan überführt.
Späthsfelde: Neues Stadtquartier mit 4.000 Wohnungen zwischen Teltowkanal und Königsheide geplant
Das rund 100 Hektar große Areal im Bezirk Treptow-Köpenick gilt als eines der bedeutendsten Entwicklungsgebiete der Hauptstadt. Zwischen A 113, Königsheide und Teltowkanal gelegen, war das Gelände über Jahrhunderte Standort der traditionsreichen Späth’schen Baumschulen. Heute ist es geprägt von Kleingärten, Wiesen und ungenutzten Flächen.
Mit dem neuen Quartier soll ein gemeinwohlorientierter, klimaneutraler Stadtteil entstehen, der Wohnen, Arbeiten und Freizeit verbindet. Geplant sind bis zu 4.000 Wohnungen, dazu Bildungs- und Kultureinrichtungen, Gewerbeflächen und großzügige Grünräume. Ziel ist eine ausgewogene Mischung aus urbaner Dichte und landschaftlicher Offenheit, ein Musterbeispiel für nachhaltige Stadtentwicklung.
„Kompakter Kiez im Grünen“: Das Leitbild für das neue Stadtquartier Späthsfelde
Das Konzept des Planungsteams CSKA Christoph Kohl Stadtplaner Architekten, Fugmann Janotta Partner und Hoffmann-Leichter Ingenieurgesellschaft zeigt eine klar gegliederte, kompakte städtebauliche Struktur, die den Charakter eines eigenständigen, gemischt genutzten Stadtteils mit grünen Verbindungen und historischen Bezügen aufgreift. Im Zentrum steht das Leitmotiv „Kompakter Kiez im Grünen“ – ein städtischer, aber zugleich landschaftlich eingebetteter Ort, der die Tradition der Späth’schen Baumschulen weiterführt.
Im südlichen Teil des Plans sind kompakte Wohnblöcke und verdichtete Stadthäuser vorgesehen, die durch Grünzüge, Spielplätze und gemeinschaftliche Freiflächen aufgelockert werden. Der Park Späthsfelde im Südosten bildet den grünen Abschluss und dient als Bindeglied zur bestehenden Siedlungsstruktur. Die Verkehrsplanung orientiert sich an den Prinzipien der Verkehrswende. Ein Bus-Transur verbindet die U- und S-Bahn-Linien, ergänzt durch ein dichtes Netz aus Radwegen. Parkplätze werden dezentral angeordnet, um die Innenbereiche autoarm zu gestalten.
Naturschutzkonflikt in Späthsfelde: Kritik an Flächenversiegelung und Klimafolgen
Doch das Projekt stößt zum Teil auch auf Widerstand. Der Bezirk Treptow-Köpenick und der BUND Berlin lehnen die Pläne ab und verweisen auf die ökologische Bedeutung des Areals. Bezirksstadträtin Claudia Leistner erklärte, der Bezirk sehe in Späthsfelde keine Fläche für Wohnungsbau, sondern eine potenzielle Ausgleichsfläche für ökologische Kompensation.
Der BUND warnt zudem vor einem Verlust wertvoller Stadtnatur. Das Gebiet bilde eine wichtige Frischluftschneise und trage zum Hitzeschutz im Berliner Südosten bei. Eine weitere Versiegelung würde die ökologische Balance gefährden und angrenzende Landschaftsräume belasten. Das Grundwasser unter Späthsfelde nehme bereits heute ab, die umliegenden Grünräume litten unter Trockenheit, Schadstoffen und starkem Nutzungsdruck. Eine zusätzliche Bebauung würde diese Probleme weiter verschärfen.
Nachverdichtung statt Neubau: Umweltverbände fordern neue Strategien für Berlins Wohnungsbau
Die Diskussion um Späthsfelde verdeutlicht ein Grundproblem der Berliner Stadtentwicklung: Wie kann die Stadt wachsen, ohne ihre letzten großen Freiflächen zu verlieren? Während der Senat den steigenden Wohnraumbedarf betont, fordern Umweltverbände eine konsequentere Nachverdichtung und die Nutzung bereits versiegelter Flächen.
Der BUND verweist auf zahlreiche ungenutzte Gewerbeareale, die sich in Wohnraum umwandeln ließen. Neubauten auf Grünflächen, so die Kritik, entstünden meist nicht im preisgünstigen Segment und stünden damit auch sozialpolitisch infrage.
Zukunft ungewiss: Entscheidung über Stadtquartier Späthsfelde fällt erst 2027
Am Beispiel Späthsfelde zeigt sich, wie schwierig die Balance zwischen Wohnungsbau, Klimaanpassung und Flächenschutz geworden ist. Der Senat treibt die Planungen voran, doch die politische und gesellschaftliche Debatte wird das Projekt noch lange begleiten.
Bis 2027 sollen die vorbereitenden Untersuchungen abgeschlossen sein. Erst dann entscheidet sich, ob und in welcher Form Späthsfelde tatsächlich zu einem neuen Berliner Stadtquartier wird, oder ob die Natur in Treptow-Köpenick den Vorrang erhält.

Das Konzept von HOSOYA SCHAEFFER Architects war ebenfalls in der engeren Auswahl, wurde jedoch nicht ausgewählt. / © Visualisierung: HOSOYA SCHAEFFER ARCHITECTS AG Zürich / AgenceTer .de GmbH / IBV Hüsler AG

Als drittes Konzept im Auswahlverfahren wurde der Entwurf des Büros rheinflügel severin vorgestellt, der jedoch nicht zur weiteren Ausarbeitung ausgewählt wurde. / © Visualisierung: rheinflügel severin | Prof. Björn Severin Architekt BDA Stadtplaner DASL / studio erde GmbH / orange edge GbR
Quellen: Senatsverwaltung für Stadtentwicklung, Bauen und Wohnen, Bezirksamt Treptow-Köpenick, BUND Berlin, Wikipedia, Baumschule Späth, NABU, Berliner Mieterverein
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In Berlin gibt es so viel die Autobahnen und übergroße Straßen versiegelte Flächen. Warum kann man nicht Autobahnen überbauen und somit zu Tunneln machen. Dann wären Flächen optimaler genutzt und zudem der Lärm durch Verkehr reduziert, Autofahrer könnten davon provitieren, dass sie nicht mehr dem Wetter ausgesetzt sind.
Weiterhin kann man auch den Rückbau unnötiger Autobahnen erwägen. Die Verlängerung der A113 nach Treptow hat wertvolle Baufläche verschwendet, Wohnräume vernichtet und Lebensqualität gesenkt. Hier scheinen völlig falsche Prioritäten gesetzt worden zu sein: Straße vor Wohnen und Leben. Die Stadt könnte mit weniger großen Straßen auskommen, wenn der Nahverkehr (insbesondere im Westteil) ausgebaut und zuverlässiger sein würde.
Wie auch im Artikel steht: Zuerst sollte bereits versiegelte Flächen genutzt oder umgewidmet werden bevor schützenswerte (gute Argumente wurden im Artikel aufgeführt) Fläche zerstört wird.