Fünf Jahre nach der Eröffnung zieht der Flughafen Berlin-Brandenburg eine positive Bilanz: Nach turbulenten Baujahren und unzähligen Verzögerungen hat sich der BER als stabiler Verkehrsknotenpunkt etabliert. Heute gilt er als wirtschaftlich tragfähiger Motor für die Hauptstadtregion.

Trotz der langen Bauzeit und der enormen Kostensteigerungen ist der Hauptstadtflughafen heute auf einem soliden Kurs. Mit moderner Infrastruktur, wachsendem Streckennetz und neuen digitalen Services präsentiert sich der BER als Aushängeschild der Region. / © Foto: Oliver Lang / Flughafen Berlin Brandenburg
© Foto Titelbild: Oliver Lang / Flughafen Berlin Brandenburg
Selbst heute noch, zum fünfjährigen Jubiläum der Eröffnung des Flughafens BER in Schönefeld, hallen die jahrelangen Schimpftiraden über die angebliche „Chronik des Scheiterns“ (FAZ v. 06.03.2017) nach.
Aber die kritischen Stimmen werden leiser, denn der Flughafen der Hauptstadt hat sich seit der Inbetriebnahme vor fünf Jahren stetig weiterentwickelt. Übrigens befand er sich bei all den zu meisternden Problemen und schwierigen Zeiten bis zur Fertigstellung in guter Gesellschaft.
Münchner Flughafen machte es vor: 23 Jahre bis zur Fertigstellung, 8,5 Mrd. Mark Kosten
Für die Planung und den Bau des neuen Münchner Flughafens im Erdinger Moos benötigten die Bayern 23 Jahre – da sind die Berliner vergleichsweise eigentlich noch ganz gut. Ursprünglich sollte der Münchner Flughafen 2,5 Milliarden Mark kosten, tatsächlich waren es zum Schluss 8,5 Milliarden Mark.
Prozentual betrachtet, eine fast identische Kostensteigerung im Vergleich zum Hauptstadtflughafen, der anfangs – nach der gescheiterten Privatisierung – mit 2,4 Milliarden Euro kalkuliert war. Am Ende des Vorhabens standen dann Kosten in Höhe von 7,3 Milliarden Euro in den Büchern.
BER, Stuttgart 21, Elbphilharmonie: Thematisierung der Großprojekte in Deutschland
Erstaunlich ist es schon, dass man diese Tendenz einer überbordenden Kostensteigerung bei Großprojekten in Deutschland seit Langem beobachten kann. Das betrifft sowohl die Elbphilharmonie in Hamburg, den Bau des Hauptbahnhofs in Stuttgart, „S21“ getauft, den Münchner Flughafen als auch den BER in Schönefeld.
Es entsteht der Eindruck, dass dies ein genereller Ansatz zu sein scheint. Man geht mit 25 bis circa 30 Prozent des realistischen Budgets und Zeitplans in die politische Grundsatzentscheidung, verbraucht dann schon mal mehrere hundert Millionen – und wenn die nackten Tatsachen auf dem Tisch liegen, traut sich keiner mehr, das Projekt zu stoppen. Das Ergebnis hat man letztendlich am BER gesehen: ein vervielfachtes Gesamtbudget und ein explodierender Zeitplan. Hat das wirklich System – und stört sich daran keiner?
BER: 5 verschobene Eröffnungstermine, 4 Geschäftsführer und 3 Technikchefs
Fünf gescheiterte Eröffnungstermine (2007, 2011, 2012, 2013 und 2017), vier Geschäftsführer (Schwarz, Mehdorn, Mühlenfeld, Daldrup), drei gefeuerte Technikchefs, ein entlarvter Hochstapler und ein im Jahr 2016 entlassener Pressesprecher bedurfte es, um den Flughafen Berlin-Brandenburg im Oktober vor fünf Jahren in Betrieb gehen zu sehen.
Im Juni 2016, nach dreieinhalb Jahren kleinteiliger Aufklärungsarbeit, dem Lesen von 1.650 Akten und der Anhörung von 70 Zeugen, legte der vom Berliner Abgeordnetenhaus eingesetzte Untersuchungsausschuss – Vorsitzender war Martin Delius von der Piratenpartei – seinen Abschlussbericht vor. Es ging um die Aufklärung der Kosten- und Terminüberschreitungen, also um die Offenlegung der Ursachen, die letztendlich zu diesem Chaos am Prestigebau Hauptstadtflughafen geführt haben.
2016: Kontrollausschuss zum Baudesaster in Schönefeld
Dabei stand eine zentrale Frage im Mittelpunkt des Aufklärungsversuches: Warum haben die Verantwortlichen über Jahre nicht gemerkt, wie ihnen das Projekt entglitten ist, mit dem Ergebnis, Milliarden Euro verbrannt zu haben und nach dem ersten Spatenstich im September 2006 vierzehn Jahre bis zur endgültigen Fertigstellung des Flughafens gebraucht zu haben?
Der Abschlussbericht formuliert drei große Fehleinschätzungen: Maßgeblich wird im Bericht die fehlende externe Kontrolle benannt. Ursprünglich sollte der Bau komplett vergeben und in privater Regie schlüsselfertig erstellt werden. Doch die Länder Berlin, Brandenburg und der Bund als Auftraggeber kamen zu dem Schluss, sie könnten es besser und billiger, was sich als teure Selbstüberschätzung erwies.
Fehlende externe Kontrolle und fachliche Überforderung
Die kleine Flughafengesellschaft war überfordert, der Überblick über das in viele Lose aufgeteilte Vorhaben ging verloren. Im Aufsichtsrat saßen Politiker ohne fachliche Beratung, beobachtet von einer Gesellschafterversammlung, in der ihre eigenen Beamten saßen. Hinzu kamen Geschäftsführer und Projektplaner, die der Aufgabe nicht gewachsen waren und bittere Wahrheiten verschleierten.
„Die Tinte unter dem ersten Bauantrag war noch nicht trocken, da setzte eine Änderungswelle ein, die eine geordnete und sichere Fertigstellung 2012 letztlich verhinderte“, kritisierte der damalige Grünen-Obmann Andreas Otto. In das durchgeplante Hauptterminal wurde nach Baubeginn ein Zwischengeschoss gezwängt. Weitere große Umplanungen gab es auch für ein größeres Einkaufszentrum hinter dem Check-in, und damit der A380 andocken konnte, wurden zusätzliche Anpassungen vorgenommen, im Anspruch, für den drittgrößten deutschen Flughafen einen „Weltflughafen“ zu schaffen.
Politisch gesetzte Eröffnungstermine und chaotische Anpassung der Baupläne
Noch während der Bauphase planten Aufsichtsrat und Geschäftsführung das Gebäude immer größer, ohne dass die Haustechnik neu konzipiert wurde. Ob Brandschutzanlage oder Datennetze – an vielen Stellen wurde planlos „angeflanscht“ und „geflickschustert“. Bis schließlich am Ende nichts mehr lief.
Dieses Thema vergrößerte das Chaos. Als das Unternehmen den für 2011 geplanten Start um sieben Monate verschob, weil eine Planungsfirma pleiteging und neue Vorschriften für die Sicherheitskontrollen kamen, lag der Bau schon mindestens ein Jahr zurück. Hektische Beschleunigungsversuche verschlangen Millionen und vergrößerten das Chaos. Firmen bauten, wie sie wollten – geplant wurde später, wenn überhaupt. Drei weitere Eröffnungstermine platzten.
Für den von 2006 bis 2013 fungierenden Geschäftsführer Rainer Schwarz kam Hartmut Mehdorn. Der Manager „blies zum Sprint“ auf der Baustelle und musste lernen, dass sich Lösungen nicht „verordnen lassen“. „Einen politisch gesetzten Termin wird es nicht geben“, sagte Aufsichtsratschef Michael Müller (SPD), der im Herbst als Regierender Bürgermeister wiedergewählt werden wollte, und es dementsprechend auch wurde.
Flughafen BER: Keineraaa muss haften
Die Haftungsfrage blieb im Ausschuss umstritten. Die Koalitionsfraktionen SPD und CDU waren häufig bemüht, den Senat und besonders seinen langjährigen Chef Klaus Wowereit aus der Schusslinie zu nehmen und das Debakel der Flughafengesellschaft anzukreiden.
Die Opposition zielte dagegen auf die Politiker im Aufsichtsrat. Nach 330 Sitzungsstunden fanden sich Argumente für beide Standpunkte, denn die Verantwortung war auf sehr viele Schultern verteilt. Doch haften muss keiner.
Status quo: Operative Gewinne für den Hauptstadtflughafen BER seit 2022
Nachdem der Rauch verzogen war und der Flughafen tatsächlich im Oktober 2020 ans Netz ging, haben die Verantwortlichen am BER den Blick nach vorn gerichtet und können fünf Jahre nach der Eröffnung eine positive Bilanz ziehen. Es ist mit viel Engagement gelungen, einen effizienten, leistungsstarken und zukunftsorientierten Flughafen für die Hauptstadtregion zu entwickeln.
Seit 2022 erwirtschaftet der BER operative Gewinne und wird wohl auch zukünftig in der Lage sein, den für die Rückzahlung der Investitionssumme vorgegebenen Zeitraum von 25 Jahren einzuhalten. Im Verlauf der letzten fünf Jahre hat sich der BER als leistungsstarker Partner für die Fluggesellschaften bewährt und hat in Zusammenarbeit mit ihnen das Streckennetz kontinuierlich erweitert.
Mit der jetzt eingeschlagenen Entwicklung ist der BER „auf einem guten Weg in die finanzielle Selbstständigkeit“, so Aletta von Massenbach, Vorsitzende der Geschäftsführung, in der jüngsten Pressemitteilung.
Starker Verkehr, breites Netzwerk: 100 Millionen Passagiere am BER seit Eröffnung 2020
Seit der Eröffnung des Terminal 1 am 31. Oktober 2020 haben 100 Millionen Passagiere den Flughafen genutzt. 2024 waren es 25,5 Millionen Fluggäste. In den im Oktober 2025 stattgefundenen Herbstferien konnte der BER rund 1,4 Millionen Reisende abfertigen. Am ersten Tag der Herbstferien reisten erstmals mehr als 100.000 Passagiere über den Flughafen Berlin-Brandenburg.
Insgesamt 800.000 Flugzeuge starteten und landeten in den vergangenen fünf Jahren am BER, rund 50 Millionen Gepäckstücke und 200.000 Tonnen Luftfracht wurden verladen.
Aktuell verbinden 70 Airlines die Region Berlin-Brandenburg weltweit mit 150 Zielen.
Mehr Langstreckenziele: Zusätzliche Destinationen werden sukzessive aufgebaut
Die anfänglich bemängelten und nicht in ausreichendem Maße vorhandenen Langstreckenziele sind mittlerweile weiter ausgebaut. Das betrifft insbesondere Nordamerika mit New York und Toronto in Kanada sowie die Golfregion mit Abu Dhabi, Katar, Dubai und Dschidda.
Der Luftverkehr ist ein entscheidender Faktor in der Region Berlin-Brandenburg. Die periphere Region um den neuen Hauptstadtflughafen hat sich in den letzten Jahren stark entwickelt, sodass man von einem boomenden Wirtschaftsraum mit einem überdurchschnittlichen Beschäftigungsgrad sprechen kann. Mehr als 20.000 Menschen sind allein am Campus BER beschäftigt, davon 2.000 als Mitarbeitende der Flughafengesellschaft.
Digitalisierung und Servicequalität im Fokus der Flughafengesellschaft
Seit der Inbetriebnahme des Flughafens wurde kontinuierlich in die Modernisierung der Infrastruktur investiert. Das reicht vom Self-Service-Check-in und modernen Sicherheitskontrollen bis hin zu hochwertigen Angeboten im Shop- und Gastronomiebereich. Mit dem BER Runway (Zeitslot für Sicherheitskontrollen), BER Biometrics (Zugänge per Gesichtskontrolle) und über 120 Self-Service-Automaten für Check-in und Gepäckaufgabe wurde der Aufenthalt für Reisende deutlich komfortabler. Bereits 20 Airlines bieten mittlerweile die eigenständige Gepäckaufgabe an.
Zu Beginn des Jahres 2024 übernahm die Flughafengesellschaft Berlin-Brandenburg die Verantwortung für die Steuerung der Sicherheitskontrollen von der Bundespolizei. Dies war der erste Schritt zur Optimierung der Kontrollspuren. Schrittweise wurden die beiden Terminals mit neuen CT-Scannern ausgerüstet. Heute ermöglichen 24 moderne Geräte in beiden Terminals eine zügige Sicherheitskontrolle, die bereits zwei Drittel aller Passagiere nutzen.
Technische Aufrüstung am BER: KI-basierte Software, CT-Scanner, Live-Kameras
Auch auf dem Vorfeld setzt der BER Maßstäbe, denn die Abfertigungsprozesse werden durch ein intelligentes System überwacht, das die Flughafengesellschaft Berlin-Brandenburg als einer der ersten Flughäfen weltweit und als erster Flughafen in Deutschland im Jahr 2024 einführte. Mit Live-Kameras und einer KI-basierten Software kann damit die Abfertigung von Flugzeugen in Echtzeit analysiert und gesteuert werden.
Für das Bestreben des Hauptstadtflughafens zur weiteren Optimierung spricht auch die Mitteilung, dass am 15. September István Szabó als Geschäftsführer Operation (COO) sein Amt angetreten hat. Er ergänzt damit die Geschäftsführung unter dem Vorsitz von Aletta von Massenbach.
Neuer Geschäftsführer COO: István Szabó seit September 2025 im Amt
István Szabó war zuvor geschäftsführender COO und Chief Passenger Officer des Flughafens Liszt Ferenc in Budapest und besitzt umfangreiche Erfahrungen im Flughafenbetrieb sowie in einer Reihe operativer Innovationsprojekte.
Unter seiner Mitwirkung wurde der Flughafen Budapest in den Jahren 2023 und 2025 im ACI (Airport Service Quality) Ranking zweimal zum besten Flughafen Europas in der Kategorie „15 bis 25 Millionen Passagiere pro Jahr“ benannt. Wenn das kein gutes Omen ist!
Ende der Reihe.
Quellen: Flughafen Berlin Brandenburg GmbH, Deutsches Architektur Forum, Gemeinde Schönefeld, Wikipedia, Architektur Urbanistik Berlin, berlin.de, Skytrax, World Airport Awards, Future Travel Experience, Deutsches Zentrum für Luft- und Raumfahrt, Deutsches Institut für Wirtschaftsforschung, ORAT-Consulting, Planungsgemeinschaft Berlin-Brandenburg International, TÜV Brandenburg, FAZ, Bündnis 90/Die Grünen, Partei Die Piraten
Jetzt PLUS-Kunde werden
Um diesen Artikel lesen zu können, benötigen Sie ein PLUS-Abonnement.
Tags (Schlagwörter) zu diesem Beitrag
3 Kommentare
Hinterlasse einen Kommentar Antwort abbrechen
Diese Website verwendet Akismet, um Spam zu reduzieren. Erfahre, wie deine Kommentardaten verarbeitet werden.



Wenn man fremdes Geld ausgibt spielen Kostensteigerungen keine Rolle.
In München resultiert dasselbe Problem wenn man die Ausführung keinem Generalunternehmer überträgt.
Ein Hoeneß muste wegen Steuerhinterziehung zu recht in den Knast. Politiker, die eingenommenes Steuergeld zehnfach und hundertfach der Hoeneß-Summe verbrennen, treten später einfach nur zurück gehen anschließend weich gebettet und mit der Schulter zuckend nach Hause und das war es dann für sie… Hinterziehung und marodierende Verschwendung sind zwei Seiten der selben Medaille, denn am Ende ist das Ergebnis haargenau deckungsgleich: Das verlorene Geld steht der Allgemeinheit nicht mehr zur Verfügung. Das muss ein Ende haben!
Auch heute ist der BER noch eine Katastrophe. Flug am 01.11.25 nach Grand Canaria mit 90 Minuten Verspätung, weil die Gepäckmannschaft vor den Augen der im Flieger sitzende Passagiere Koffer-Schieben spielte. Geladene Koffer auf dem Rollfeld aus dem Flieger heraus umsortierte und wieder hinein, Fazit: Bei rund einem Drittel der Passagiere fehlten das Gepäck am Zielort.