5 Jahre Hauptstadtflughafen BER. Vor dem offiziellen Jubiläum am Donnerstag blicken wir zurück, denn bevor der BER überhaupt gebaut wurde, entbrannte ein jahrelanger Streit um den richtigen Standort. Der Auftakt unserer mehrteiligen Reihe beleuchtet die frühen 1990er-Jahre, als Sperenberg, Jüterbog und Schönefeld im Zentrum einer hochpolitischen Debatte standen.

Lange vor dem ersten Spatenstich wurde die Geschichte des BER durch Standortstreitigkeiten, politische Machtspiele und strategische Fehlentscheidungen geprägt. In Teil 1 unserer Serie werfen wir einen Blick auf die Weichenstellungen, die das Projekt bis heute prägen. / © Foto: Depositphotos.com

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Vier Sterne für den BER? Eine Meldung, die aufhorchen lässt, und es handelt sich tatsächlich um den – wieso eigentlich – oft gescholtenen Berliner Hauptstadtflughafen?

Vier-Sterne-Auszeichnung für den BER: Drei Auszeichnungen im Jahr 2025

Der Flughafen BER ist im Januar 2025 von der renommierten Ratingagentur Skytrax als „4-Star Airport“ ausgezeichnet worden. Die Bewertung basiert auf einem mehrtägigen Audit, bei dem Skytrax die Infrastruktur sowie die Service-, Gastronomie- und Shoppingangebote überprüft hat.

Letztendlich ein Ergebnis der guten Arbeit der Flughafengesellschaft, die in den vergangenen Jahren, seit Inbetriebnahme im Jahr 2020, zahlreiche Abläufe konsequent optimiert und digitalisiert hat, mit dem Ergebnis, dass die Aufenthaltsqualität für abfliegende und ankommende Reisende spürbar verbessert werden konnte.

Internationale Auszeichnungen unterstreichen Entwicklung des BER in Schönefeld

Und noch eine Meldung passt dazu, die die positive Entwicklung dieses Flughafens unterstreicht, denn der BER ist im Rahmen der World Airport Awards im April 2025 mit dem Titel „Worlds Most Improved Airport“ ausgezeichnet worden.

Als dritte Erfolgsmeldung für das Jahr 2025 unterstreicht dann der im Juni 2025 vom BER gewonnene Innovationspreis die positive Entwicklung des im Südosten der Hauptstadt gelegenen Flughafens. Diese Auszeichnung ist auf der internationalen Branchenmesse Future Travel Experience in Dublin mit dem Preis für die „Most Innovative Airport Initiative“ verliehen worden.

Flughafen BER: KI-Agent soll den Service verbessern

Die prämierte Lösung, der KI-basierte BER-Agent, übernimmt seit vier Monaten den telefonischen Service, rund um die Uhr, in vier Sprachen und ohne Warteschleife.

Im fünften Jahr seines Bestehens nimmt der Hauptstadt-Airport also die Fahrt auf, die man seit den ersten Gedankenspielen zu einem neuen „Großflughafen“ in der Hauptstadtregion, nach dem Fall der Berliner Mauer und der deutschen Wiedervereinigung, als Vision formuliert hatte.

In der Rückschau auf dieses Großprojekt verblasst langsam dieser Eindruck einer unsäglich langen Zeit der Querelen, Demonstrationen, gerichtlichen Auseinandersetzungen und nicht enden wollender Pleiten, Pech und Pannen.

5. September 2006: Erster Spatenstich für den Hauptstadtflughafen BER

Fast 15 Jahre währte dieser Zustand, bevor am 5. September 2006 der erste Spatenstich erfolgte. Aber eigentlich waren es vier Spaten, die sich in den Brandenburger Sandboden gruben, nämlich von den damaligen verantwortlichen SPD-Politikern Wowereit als Regierender Bürgermeister Berlins, dem Brandenburger Ministerpräsidenten Platzeck, dem Geschäftsführer der Flughafengesellschaft Schwarz und Bahnchef Mehdorn.

Sie sahen sich als Pioniere für ein Vorhaben, das bereits seit Anfang der 1990er-Jahre in den Planspielen Berlins, Brandenburgs und des Bundes eine Rolle spielte.

Erste Pläne für den Großflughafen BBI seit den 1990er Jahren

Nach den ersten Plänen aus den Anfängen der 1990er-Jahre sollte der BBI, so der erste Name des geplanten Großflughafens, bereits 2004 als internationales Luftkreuz für 60 Millionen Passagiere in Betrieb gehen. War das die Vision der Planer oder war dieser Ansatz eine Rückbesinnung auf die lange und wechselvolle Geschichte des Luftverkehrs in der Hauptstadtregion?

Davon abgesehen, dass Otto Lilienthal 1891 die ersten Flugversuche am Mühlenberg bei Derwitz, zwanzig Kilometer westlich von Berlin bei Werder, unternahm, hatte Berlin zwischenzeitlich drei Flughäfen: Tempelhof und Tegel im Westen sowie Schönefeld im Osten der geteilten Stadt.

Lange Luftfahrt-Tradition in der Hauptstadtregion

In der Hauptstadtregion hatte man immer die richtigen Antworten auf die jeweiligen Herausforderungen der sich rasant entwickelnden Luftfahrt gefunden. In den goldenen Zwanzigerjahren war Berlin der Mittelpunkt und das Drehkreuz der Luftfahrt in Deutschland.

Nicht zu vergessen die Berlin-Blockade mit der Luftbrücke, bei der der Flughafen Tempelhof im Fokus stand, und dann der Flughafen Tegel (TXL) als Verbindung des eingemauerten Westteils der Stadt zur freien Welt.

Stufenweiser Abschied von Tempelhof, Tegel und Schönefeld

Tempelhof wurde im Jahr 2008 geschlossen und mit der Inbetriebnahme des BER schlug am 8. November 2020 auch die letzte Stunde für TXL, denn mit dem Start einer Air-France-Maschine nach Paris endete der Luftverkehr in Tegel.

Für viele Berlinerinnen und Berliner hatte der Flughafen Tegel einen besonderen symbolischen Wert, daher auch die danach intensiv geführten Debatten zur Aufrechterhaltung des Flugbetriebs in Tegel. Aber mit dem Auslaufen der Betriebsgenehmigung am 4. Mai 2021, 24 Uhr, endete dann endgültig das Kapitel TXL im Norden Berlins.

Und Schönefeld? Der Flughafen im Südosten der Stadt war der Zentralflughafen der DDR und boomte mit dem Aufkommen der Low-Cost-Airlines viele Jahre wie kein anderer Flughafen in Deutschland.

Berlins drei ehemalige Flughäfen als Meilensteine der Luftfahrt

Tempelhof, Tegel und Schönefeld gelten als Meilensteine des deutschen Transport- und Luftfrachtverkehrs, und viele Berlinerinnen und Brandenburgerinnen haben nostalgische Erinnerungen an diese Flughäfen. Weshalb anfangs der Bau dieses anfangs so benannten „Großflughafens“ unter keinem guten Stern stand.

Die bereits erwähnte Vision eines zentralen Berliner Flughafens, der die vorhandenen Flughäfen in Tegel, Tempelhof und Schönefeld ersetzen sollte, entstand bereits kurz nach der Wiedervereinigung. Der Bund und die Länder Berlin und Brandenburg gründeten daraufhin die Berlin-Brandenburger Flughafen-Holding.

1991 erstellte eine Arbeitsgemeinschaft aus den Unternehmen Mannesmann und AEG die „Mannesmannstudie“ zum Ausbau des Flughafens Schönefeld. Diese Studie bildete die Grundlage für weitere Planungen der Flughafengesellschaft, den „Masterplan I“. Erst zwei Jahre nach Veröffentlichung des Masterplans wurde im Sommer 1993 das Raumordnungsverfahren (ROV 1994) für den Flughafen Berlin-Brandenburg International eröffnet.

Wieviel Flughafen braucht Berlin? Standortsuche in Brandenburg

In Vorbereitung des Raumordnungsverfahrens wurde Ende 1992 ein Suchverfahren für mögliche in Frage kommende Flughafenstandorte und deren Eignung gestartet.

Sieben Standorte im Land Brandenburg, darunter Sperenberg, Jüterbog-Ost und Schönefeld, wurden nach fünf Kriterien unterschiedlichen Gewichts bewertet. Die Ergebnisse flossen in die „Dornierstudie“ ein, und die Autoren sprachen sich für Jüterbog-Ost (ehemaliger Truppenübungsplatz) und Sperenberg aus. Sperenberg wurde sogar als Favorit herausgehoben.

Schönefeld Süd galt als Standort für den neuen Hauptstadtflughafen als ungeeignet

Das Gutachten bewertete Schönefeld unter den sieben geprüften Standorten am schlechtesten. Gründe für die schlechte Bewertung waren die größte Lärmbelastung, das größte Sicherheitsrisiko, kein Entwicklungspotenzial für eine periphere Region, der Verstoß gegen den Freiflächenschutz und ein zu kleiner Flughafen mit keinerlei Ausbaukapazitäten.

Der Standort Schönefeld schien von seinen Voraussetzungen her zu konträr hinsichtlich des geplanten Verkehrsflughafens mit jährlich 60 Millionen Passagieren und vier Start- und Landebahnen.

Prüfung der Standortvarianten durch das Land Brandenburg

Das Brandenburger Ministerium für Umwelt, Naturschutz und Raumordnung prüfte die drei Standortvarianten Sperenberg, Jüterbog und – auf politischen Druck – Schönefeld-Süd. Die Prüfung ergab, dass der Betrieb eines Flughafens Berlin-Brandenburg nach raumplanerischen Gesichtspunkten in Jüterbog-Ost und Sperenberg möglich ist, jedoch nicht am Standort Schönefeld-Süd.

Das war die Brandenburger Sicht auf die Dinge. Matthias Wissmann, damaliger Bundesverkehrsminister, und Eberhard Diepgen, als damals verantwortlicher Regierender Bürgermeister Berlins, befürworteten aus Kostengründen den Standort Schönefeld-Süd.

Bundesrechnungshof rügte Sperenberg-Variante, am Ende wurde es Schönefeld

Nach Prüfung durch den Bundesrechnungshof wurde die seitens des Landes Brandenburg bevorzugte Sperenberg-Variante gerügt, als zu teuer und auf zu optimistischen Prognosen beruhend.

Da im Land Brandenburg im Jahr 1996 die Kassen leer waren, stimmte der damalige Brandenburger Ministerpräsident Manfred Stolpe im Mai 1996 einem Spitzengespräch mit Wissmann und Diepgen zu, und man einigte sich auf Schönefeld als zukünftigen Standort für den neuen Verkehrsflughafen.

Schwelende Konflikte zwischen Bund und Ländern

Der damalige Konflikt zwischen den Ländern inklusive des Bundes wurde mit einer ungewöhnlichen Schärfe und Verbissenheit geführt, die letztendlich mit Stolpes Zugeständnis beendet wurde. Das glaubte man zunächst, doch die eigentlich abgeschlossene Diskussion flammte wenig später wieder auf.

Das war überraschend, weist allerdings auf die Skepsis hin, die diesem höchst umstrittenen Flughafenprojekt entgegengebracht wurde. Auch Verkehrsforscher vom Deutschen Zentrum für Luft- und Raumfahrt sowie vom Deutschen Institut für Wirtschaftsforschung gingen bei ihren Einschätzungen nicht davon aus, dass der Flughafen BBI mit den Flughäfen Frankfurt/Main oder München konkurrieren könne.

Geplanter Flughafen BBI: Fehlende Unterstützung durch Fluggesellschaften

Und die Fluggesellschaften hielten sich mit ihren Statements, ob sie den BBI zu einem internationalen Luftfahrtkreuz machen wollten, auffällig zurück. Um das zu bewerkstelligen, müsste viel Geld in die Hand genommen werden. Außerdem hatten die Unternehmen bereits Airports in besser situierten Gegenden nicht zu Verkehrsknotenpunkten ausgebaut.

Warum also sollte man ausgerechnet den Flughafen Berlin-Brandenburg International in der äußerst wirtschaftsschwachen Hauptstadtregion, die nicht einen einzigen Direktflug in die USA profitabel auszulasten vermochte, zukünftig als Interkontinental-Drehkreuz ausbauen?

Debatte über Größe und Kosten des Flughafens: Politische Interessen prallten aufeinander

Angesichts der leeren Staatskassen und dieser insgesamt schwierigen Gemengelage musste also darüber beraten werden, wie groß und wie teuer der Flughafen werden durfte. Werden die Schnellbahnen und der unterirdische Bahnhof tatsächlich gebraucht, und wie monströs müssen die Abfertigungsgebäude sein?

Wer auch immer den Flughafen bauen würde, stand vor der Herausforderung einer absolut realistischen Planung. Brandenburgs Ministerpräsident Manfred Stolpe sah den Realitäten ins Auge, verabschiedete sich von den Wortspielen eines „Großflughafens“ und bezeichnete sie als Größenwahn.

Flughafen-Neubau in Schönefeld: Kritik von Grünen und PDS

Die Berliner Grünen bezeichneten das Flughafen-Projekt als „Märchenschloss im märkischen Sand“, und der damalige PDS-Spitzenkandidat Gregor Gysi äußerte sich dahingehend, dass er kein „gigantisches Luftkreuz“ wolle, sondern dass seiner Ansicht nach nur ein „ausreichender Flugplatz“ genüge.

Mit so viel Bescheidenheit, was die Gestaltung eines Hauptstadtflughafens angeht, lag er wohl am weitesten daneben und entsprach wahrlich nicht den Anforderungen an den Flughafen einer Metropolregion. Den tatsächlichen Gegenwind sollten die Projektverantwortlichen allerdings noch vor sich haben, doch dies ahnte zur Jahrtausendwende noch niemand.

Fortsetzung folgt…

Quellen: Flughafen Berlin Brandenburg GmbH, Deutsches Architektur Forum, Gemeinde Schönefeld, Wikipedia, Architektur Urbanistik Berlin, berlin.de, Skytrax, World Airport Awards, Future Travel Experience, Deutsches Zentrum für Luft- und Raumfahrt, Deutsches Institut für Wirtschaftsforschung

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2 Kommentare

  1. grdeyr 28. Oktober 2025 at 16:39 - Reply

    Einfach nur skrupellos, wie sich die Politiker über die Lärmschutzinteressen Ihrer Wähler hinweggesetzt haben.
    Politikverdrossenheit mündet in Wahlergebnisse, wie wir sie heute 20 Jahre später haben.
    Die Entscheider von gestern muss man zwangsumsiedeln nach Mahlow, Eichwalde, damit sie Ihre Entscheidungen täglich zu spüren bekommen.

  2. Alfred 29. Oktober 2025 at 18:57 - Reply

    Wenn man bedenkt, das im Schnitt 50.000 Menschen dort starten und landen. Dazu noch der Stopp der Lärmbelästigung im Bereich Flughafen Tegel.
    Dann kann ich Frust und Ärger der Betroffenen in den einflug und Abflugzonen nachvollziehen, finde aber auch, die Entscheidung ist nicht komplett einseitig über die Menschen hinweg getroffen worden.
    Irgendwer muss negative Konsequenzen tragen. Die Reisenden, wenn die Fahrt von Berlin Mitte bis zum Flughafen über 30 Minuten länger dauert. Die Anwohner vor und hinter den Landebahnen.
    Es gibt da keine einfache Lösung die alle glücklich macht.
    Wer diese demokratische Entscheidung dann auch noch dazu nutzt ein Wahlverhalten zu rechtfertigen, das autokratische Parteien in Verantwortung bringen will. Die ja erst Recht machen, was ihre Machteliten wollen. Dem ist dann auch nicht zu helfen.

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